Achtung Spione! Deutsch-deutsche Spionage 1945-1956 im Museum

Im Militärhistorischen Museum in Dresden wurde am Donnerstag eine Ausstellung eröffnet, die die Arbeit der deutschen Geheimdienste in Ost und West von 1945 bis 1956 beleuchtet. Unter den 600 Objekten befindet sich manch kurioses Schaustück.

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Achtung Spione!  Deutsch-deutsche Spionage 1945-1956 im Museum

Hut: Reinhard Gehlen, Brille: Markus Wolf

(Bild: Detelf Borchers/heise online)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Detlef Borchers

"Wer die modernen Nachrichtendienste verstehen möchte, muss ihre Vergangenheit kennen." Mit dieser Aussage von Gorch Pieken, wissenschaftlicher Leiter des Militärhistorischen Museums erschließt sich die Ausstellung "Achtung Spione!", die ab sofort bis zum 29. November zu besichtigen ist. Fokussiert auf die Auslandsgeheimdienstchefs Reinhard Gehlen (West) und Markus Wolf (Ost) wird gezeigt, wie sich das Geheimdienstwesen in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg entwickelte. So wird unmittelbar vor dem 60. Geburtstag des Bundesnachrichtendienstes (BND) am 1. April deutlich, wie dieser lange vor seiner absurden Weltraumtheorie hart an der Grenze der Legalität arbeitete.

Die Dresdner Ausstellung bietet einen sehenswerten Einblick in die Geschichte deutscher Geheimdienste im geteilten Deutschland. Sie macht deutlich, wie im Namen des Antikommunismus beziehungsweise des Antifaschismus jedes Mittel recht war, den jeweiligen Feind auszuspionieren. Ganz im Geiste eines Militärmuseums, das anders als ein Spy-Museum echte Waffen ausstellen darf, steht dabei die Aufklärungsarbeit über die jeweiligen Waffensysteme des Gegners im Vordergrund: von der Replik der ersten Atombombe, diversen Panzern und Fliegern bis hin zur Maschinenpistolensammlung des BND.

Die Macher der Ausstellung wurden überdies von den Familien Gehlen und Wolf mit Leihgaben versorgt, was Kurator Magnus Pahl und sein Team zu kuriosen Ausstellungsformen animierte. So setzt sich das Urbild des Spions als Mantelmann mit Schlapphut und Sonnenbrille aus dem von Gehlen getragenen Hut und der von "Micha" Wolf getragenen Sonnenbrille zusammen. Gleich am Anfang findet sich ein Marschallstab der Wehrmacht in einer Vitrine. Er symbolisiert, dass Reinhard Gehlen noch in der Kriegsgefangenschaft seinen Vorgesetzten, Generalstabschef Halder um Erlaubnis bat, für die US-Amerikaner spionieren zu dürfen. Das tat er denn auch mit seiner Organisation Gehlen, zuerst für die US-Armee, später für die neu eingerichtete CIA, angesiedelt in der NS-Reichssiedlung Rudolf Heß. Unter dem Deckmantel der internationalen Informationsbeschaffung mischte man beim Waffenhandel mit und betrieb in Verein mit den USA die Destabilisierung unerwünschter Regimes.

Sein späterer Gegenspieler Markus Wolf berichtete zunächst als Journalist vom Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozess, ehe er Mitarbeiter des erst 1950 gegründeten Ministeriums für Staatssicherheit wurde. War Wolf Kosmopolit, der sich mit Spionen wie George Blake ablichten ließ, wird Gehlen in der Ausstellung als Bürokrat dargestellt, dem sein Beamtenstatus wichtig war.

Die Ausstellung präsentiert einige Kommunikationsmittel und Verschlüsselungssysteme mit denen die "Diener" beider "Herren" ihre Nachrichten und Einsichten übermittelten. Mit dabei eine Enigma aus Wehrmachtszeiten, weil Gehlen davon überzeugt war, dass diese Maschine unknackbaren Code produzierte. Woraus die tägliche Arbeit der "Diener" bestand, zeigt ein Rundtisch mit Video-Interviews ehemaliger Spione, an dem zum Presse-Termin noch gebaut wurde. Hier findet sich mit Daniel Ellsberg jemand, der nicht spionierte, sondern als Whistleblower geheime Machenschaften des US-Militärs aufdeckte. Von Ellsberg geht die Spur zu Edward Snowden und den NSA-Dokumenten, die die Rolle des BND beim zeitgenössischen Spionieren ausschnittsweise beleuchten. Seit vielen Monaten bemüht sich der NSA-Untersuchungsausschuss um Aufklärung dieses dunklen Kapitels, bei dem sich selbst der damals zuständige Kanzleramtschef überrascht vom Ausmaß der Spionage zeigt.

Achtung Spione! (7 Bilder)

Gehlens Kompromat-Kiste, die in die USA und zurück wanderte (Bild: Detlef Borchers/heise online)

Im Zusammenhang mit der Ausstellung ist die Arbeit der "Unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des BND" zu erwähnen. Die beschäftigt sich wissenschaftlich mit den angeblichen Erfolgen von Reinhard Gehlen und seinen Nachfolger. Im Jubiläumsjahr des BND will sie mehrere Untersuchungen vorlegen. Zudem wird eine wissenschaftliche Konferenz veranstaltet. Am Thema scheinen die Ausstellungsmacher jedenfalls Geschmack gefunden zu haben: Wenn im November die Ausstellung beendet wird, will man sich mit dem Inlandsgeheimdienst, dem Bundesamt für Verfassungsschutz beschäftigen, jenem Dienst, den Gehlen zeit seines Amtes unter seine Kontrolle zu bringen versuchte.

Achtung Spione! ist täglich außer Mittwochs geöffnet, die Sonderausstellung kostet 7 Euro, ermäßigt 3 Euro, bis zum vollendeten 18. Lebensjahr ist der Eintritt frei. (mho)