#HappyBirthday, Twitter

Follower, tweets, hashtag – seit genau 10 Jahren gibt es den Kurznachrichtendienst Twitter. Er ist zu einem wichtigen Verbreitungskanal von Informationen geworden und doch liegt in der Kürze stets eine brisante Würze.

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Follower, tweets, hashtag – seit genau 10 Jahren gibt es den Kurznachrichtendienst Twitter. Er ist zu einem wichtigen Verbreitungskanal von Informationen geworden und doch liegt in der Kürze stets eine brisante Würze.

"Just setting up my twttr" lautet die erste Nachricht, die Twitter-Erfinder Jack Dorsey am 21. März 2006 bei seinem Dienst absetzte. Die Idee hinter der Plattform: Informationen begrenzt auf 140 Zeichen übermitteln. Ursprünglich orientierte sich die limitierte Zeichenzahl an der Länge einer SMS, für die der Dienst zunächst entwickelt wurde.

Die 140 Zeichen sind das Charakteristikum von Twitter, das nach jüngsten Informationen von Dorsey erhalten bleiben soll. Morgens zunächst durch die Timeline gescrollt, verschaffe ich mir immer gern einen groben Überblick über die Nachrichtenlage – wohlgemerkt als ergänzendes Tool. Natürlich kommt es auf die Zusammenstellung der abonnierten Accounts an, doch hat man ein paar Tageszeitungen, Newsportale oder Rundfunksender dabei, so stößt man bereits auf die ein oder andere interessante Meldung. Zugleich vermitteln die Tweets eine Direktheit von ihren Absendern, sodass sie inzwischen wie selbstverständlich bei der Berichterstattung als ein Statement, etwa von Politikern, mit hinzugezogen werden.

Solche Relevanz ließ sich in den Anfangstagen des Netzwerks noch nicht vermuten. Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich im Sommer 2008 ein Praktikum in einer Berliner Redaktion machte. In der Mittagspause ging es unter anderem um das Potenzial des Kurznachrichtendienstes. "Das setzt sich nicht durch", davon war einer der leitenden Redakteure überzeugt. Heute – acht Jahre später – kann es sich kein Medienhaus erlauben, nicht bei Twitter präsent zu sein. Genauso wie Stars & Sternchen aus Vermarktungsgründen nicht auf einen Twitter-Account verzichten können.

Doch vielleicht hatte der Redakteur von damals bereits die Gefahren erahnt, die mit den 140 Zeichen zusammenhängen. Sie bilden eben nur einen Schlüsselloch-großen Blick auf einen größeren Kontext. Die Gefahr der Verkürzung ist groß, so wie die Tragweite beim Publizieren. Im wissenschaftlichen Bereich musste das im vergangenen Jahr beispielsweise der britische Biochemiker Sir Tim Hunt erleben. Auf der World Conference of Science Journalists in Seoul hatte er angeblich über getrennte Labore für Mann und Frau in der Wissenschaft gescherzt. Über Twitter gelangten seine Äußerungen in die Öffentlichkeit und lösten unter dem Hashtag #distractinglysexy einen Shitstorm gegen den Nobelpreisträger aus. Der Rücktritt von einer Honorarprofessur und seinem Platz im Europäischen Forschungsrat war die Folge. Hunt selbst sagte im Nachhinein, er habe sich nie dazu erklären können.

Twitter-Aktionen wie diese verdeutlichen die ungeheure Dynamik, die das Netzwerk entfalten kann. Sie zeigen ebenso, wie ein Hashtag zu einer breitangelegten Mitmach-Aktion werden kann, bei dem jeder eine Stimme hat. Das ist das faszinierende und gleichzeitige brisante an Twitter. In diesem Sinne: #HappyBirthday, Twitter. (jle)