Brasilien: Messenger Telegram profitiert von erneuter WhatsApp-Blockade

Brasiliens Justiz hat erneut den Messengerdienst WhatsApp blockieren lassen. 100 Millionen Brasilianer müssen deshalb nun auf ihr beliebtes Kommunikationsmittel verzichten. Einige sollen schon zur Konkurrenz Telegram gewechselt sein.

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Whatsapp

(Bild: dpa, Andrea Warnecke)

Lesezeit: 2 Min.

Der in Brasilien von rund 100 Millionen Menschen genutzte Messengerdienst WhatsApp ist auf Anordnung eines Richters für drei Tage blockiert worden. Das Unternehmen bezeichnete den Schritt als völlig unverständlich und überzogen. Der Messengerdienst Telegram scheint hingegen von der Blockade zu profitieren und ließ per Twitter wissen, dass so viele Menschen in Brasilien Telegram installiert hätten, dass die Mobilfunkdienste mit den Authentifizierungs-SMS überfordert seien. Mehr als eine Million neue Nutzer soll der Dienst bisher gewonnen haben.

(Bild: Twitter)

Mit der Blockade von WhatsApp soll die Herausgabe von Chat-Protokollen in Kriminalfällen an die Ermittler erwirkt werden. Die Blockade begann mit einigen Ausnahmen am Montagnachmittag und soll bis Donnerstagnachmittag dauern.

Im Dezember war WhatsApp bereits für rund einen Tag blockiert worden. Facebook-Chef Mark Zuckerberg kommentierte den Schritt zu jenem Zeitpunkt mit den Worten, dass dies ein "trauriger Tag" für Brasilien sei. Schon im Dezember sollen während der Blockade rund 1,5 Millionen WhatsApp-Nutzer zu Telegram gewechselt sein, berichtete The Verge.

Die aktuelle Blockade wurde von dem Richter Marcel Montalvão im Bundesstaat Sergipe angeordnet, der auch die kurzzeitige Festnahme des Vizepräsidenten von Facebook für Lateinamerika, Diego Dzodan, Anfang März verfügt hatte. Dzodan wurde damals vorgeworfen, er habe sich einer richterlichen Anordnung widersetzt, Gesprächsprotokolle mutmaßlicher Drogenhändler an die Ermittler weiterzugeben.

Die Richterentscheidung war den fünf führenden Telefonanbietern Brasiliens übermittelt worden. Im Falle einer Weigerung zur Blockade drohen ihnen Strafen von rund 500.000 Reais (127.000 Euro) pro Tag.

WhatsApp reagierte mit Unverständnis – im Rahmen seiner Möglichkeiten habe man immer mit der brasilianischen Justiz kooperiert. "Diese Entscheidung bestraft mehr als 100 Millionen Brasilianer, die von unserem Service zur Kommunikation abhängen." In kaum einem Land wird WhatsApp so genutzt wie in Brasilien – sei es die Verabredung zum Strandbesuch, das Bestellen des Taxis, das Reservieren im Restaurant.

WhatsApp gehört mittlerweile zu Facebook. Der Konzern hatte WhatsApp 2014 für rund 22 Milliarden US-Dollar gekauft. Weltweit gibt es eine Milliarde Nutzer. (kbe)