Hat Betrieb eine Zukunft?

Gerade der Betrieb ist für die Zukunft der IT entscheidend – und sollte goldenen Zeiten entgegengehen. Aber durch die Relevanz steigt auch der Druck: Nur ein Betrieb, der den Anforderungen genügt, hat eine Zukunft.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Eberhard Wolff

Gerade der Betrieb ist für die Zukunft der IT entscheidend – und sollte goldenen Zeiten entgegengehen. Aber durch die Relevanz steigt auch der Druck: Nur ein Betrieb, der den Anforderungen genügt, hat eine Zukunft.

Wer Kunden schneller neue Features anbietet, hat am Markt einen Vorteil. Schneller und öfter Software in Produktion zu bringen, ist daher für viele Unternehmen eine der wichtigsten Herausforderungen in der IT. Architekturen werden darauf ausgerichtet, Software wird neu geschrieben und auch sonst wird vieles für ein schnelleres Deployment getan.

Das erhöht die Anforderungen an den Betrieb. Er muss schneller mehr Server installieren. Technische Grundlagen sind dazu schon lange vorhanden: Mit Virtualisierung ist ein neuer Server nur einen Mausklick weit entfernt – oder ein Skript erzeugt den Server durch einen API-Aufruf. Die automatische Installation von Software ist ebenfalls schon lange möglich. Gerade in den letzten Jahren sind viele neue Werkzeuge in diesem Bereich entstanden.

In der Praxis sind viele IT-Abteilungen beim Aufbau von Umgebungen sehr langsam und liefern keine gleichbleibend hohe Qualität. Automatisierung ist nicht umgesetzt. Virtualisierung ist meistens implementiert. Sie führt bloß nicht zu höherer Geschwindigkeit oder Qualität. Die mangelnde Qualität und Geschwindigkeit sind aber zentrale Hindernisse, um den zukünftigen Anforderungen der Kunden gerecht werden zu können.

Dieser Zustand ist überraschend. Organisatorische Ansätze wie DevOps sollten eigentlich dafür sorgen, dass die Kooperation zwischen Entwicklung und Betrieb zunimmt und Betriebsprobleme so frühzeitig und effektiv gelöst werden. Der Betrieb wird mehr zu Softwareentwicklung: Er muss im Dev-Sinne Infrastrukturautomatisierung entwickeln, statt im klassischen Ops-Sinne nur Umgebungen manuell aufzubauen. Lösungen gibt es also auch auf organisatorischer Ebene – diese sind jedoch nicht umgesetzt.

Der Grund ist vermutlich die Kostenoptimierung – dazu gab es ja schon einen anderen Blog-Beitrag. Oft können die Betriebsabteilungen selbst also gar nichts dafür, dass es solche Probleme gibt – schließlich sind ihre Ziele einfach anders.

Die Kunden müssen aber auf jeden Fall ihre Anforderungen nach höherer Qualität und Geschwindigkeit abdecken. Wenn der eigene Betrieb das nicht liefern kann, stehen Alternativen bereit: beispielsweise Cloud-Anbieter. Dort stehen virtuelle Maschinen in Minuten zur Verfügung. Es gibt zwar eine Menge Gründe gegen die Cloud. Aber sie zeigt, was möglich ist. Das führt zu der Frage, warum der eigene Betrieb nicht Ähnliches kann. Wenn er nicht reagiert, werden mehr und mehr Anwendungen Clouds nutzen. Und die Amazon Cloud gibt es schon in Deutschland. Mit T-Systems wird bald sogar ein deutsches Unternehmen eine Microsoft-Azure-Cloud betreiben. Die Argumente gegen die Nutzung der Cloud werden also weniger.

Leider sperren sich viele gegen die aktuellen Anforderungen. Einige auch große Firmen nehmen die Herausforderungen an und bauen selbst passende Infrastrukturen auf. Es sind aber nicht sehr viele – vielleicht weil viele befürchten, dass Automatisierung ihre Jobs überflüssig machen wird. Sich zu sperren wird aber zum Gegenteil führen: Wenn Betriebsabteilungen nicht schneller und besser werden, könnte es in Zukunft ohne sie gehen. Immerhin administrieren Entwickler meistens schon Testumgebungen. Automatisierung und Entwicklung ist für das tägliche Geschäft. Nur müssen Entwickler dann vieles über Umgebungen und Administration lernen, was Betriebsexperten schon lange wissen. Daher ist dies kein wünschenswertes Szenario.

Es liegt also in den Händen des Betriebs: Entweder nimmt er die Herausforderung an und geht einer goldenen Zukunft entgegen – oder er läuft Gefahr, ersetzt zu werden. Das wäre schade. Wir brauchen für die aktuellen Themen mehr und bessere Betriebsskills – nicht weniger.

PS: Danke für die Diskussion an die innoQ-Kollegen Philipp Haussleiter, Sven Johann, Holger Kraus, Stefan Tilkov und Michael Vitz über eine frühe Version des Blog-Posts. ()