Wenn der Postmann dreimal mäht

Dass immer weniger Briefe verschickt werden, ist nichts neues. Doch die finnische Post steuert mit einem ungewöhnlichen Angebot gegen die sinkenden Umsätze.

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70 Cent bezahlt man heute für das Briefporto in Deutschland. Seit 2013 hatten sich die Kosten für eine Briefmarke von 55 Cent jährlich erhöht. Begründet wurde diese Entwicklung mit der notwendigen Anpassung an die allgemeine Kostenentwicklung. Hintergründig hat das mit dem abnehmenden Briefversand zu tun. "Mit dem Entwurf [Anmerk.: Erhöhung des Portos auf 70 Cent] schaffen wir die Grundlage dafür, dass die Deutsche Post die Herausforderungen zunehmender digitaler Konkurrenz stemmen kann und für die Verbraucher auch weiterhin eine flächendeckende Versorgung zu erschwinglichen Preisen zur Verfügung steht", zitiert n-tv im Oktober 2015 den Chef der Bundesnetzagentur, Jürgen Homann. Im Jahr 2014 beförderte die Deutsche Post laut Statista insgesamt rund 20,5 Milliarden Briefe. 2015 waren es 19,3 Milliarden. Es wird deutlich: Der elektronische Briefverkehr hinterlässt seine Spuren beim früheren Staatsmonopolisten.

Auch in anderen europäischen Ländern zeigt sich eine solche Tendenz, nicht zuletzt im gut vernetzten Finnland. Doch das EU-Land im Norden setzt seit Mitte Mai auf eine kreative Idee, um die Einnahmen stabil zu halten: Die Postboten können landesweit dienstags zum Rasen mähen angefragt werden. Damit bietet die "Posti" nicht nur einen ersten heimischen Service an und richtet sich nach den Kunden, sondern schafft für ihre Angestellten speziell am Dienstag eine neue Betätigung. Die Idee sei von den Mitarbeitern selbst gekommen, die dienstags wegen des geringeren Versandvolumen weniger zu tun hätten. Posti führt das auf den direkten E-Mail-Verkehr zurück und weist zudem darauf hin, dass bereits am Montag alle früh-erscheinenden Zustellungen erledigt würden.

Gartenbesitzer können nun mit dieser Post-"Reform" den Service online bestellen, müssen aber einen Rasenmäher zur Verfügung stellen. 30-minütige Einheiten kosten 65 Euro pro Monat, 60 Minuten werden mit 130 Euro pro Monat berechnet. Besonders wenn in den kommenden Sommermonaten die meisten Finnen ihren Urlaub in ihrem "mökki" verbringen, muss das Angebot für viele verlockend klingen. Außerdem ist der Service steuerlich absetzbar.

Für die Finnen bedeutet die Neuerung zwar: Kein Empfang von Briefen und Zeitschriften am Dienstag, dafür ein frisch gestutztes Grün. Pakete, Express-Sendungen und Zeitungen kommen aber weiterhin auch am Dienstag an. An so viel Kreativität könnte sich die Deutsche Post mal ein Beispiel nehmen. Arbeitsplätze bleiben erhalten und die Mitarbeiter können die Aufgaben in ihre üblichen Routen integrieren. Ob sich das neue Geschäftsfeld beispielsweise zugunsten eines konstanten Portos auswirkt, bleibt indes unklar.

Finnische Journalisten denken derweil (mit einem Augenzwinkern) weiter: So sehen sie andere Betätigungsfelder für die Postmänner und -frauen, wie etwa Schnee schippen im Winter oder auch die Bücher aus der Bücherei nach Hause und wieder zurückbringen.

Ob sich eine derartige Geschäftserweiterung auch bei der Deutschen Post durchsetzen könnte, bleibt abzuwarten. Solange der hiesige Zusteller durch den Online-Versand zugleich Nutznießer des digitalen Konkurrenten ist, werden Hausbesitzer mit Garten wohl noch auf einen vergleichbaren Service wie in Finnland warten müssen. (jle)