Bund-Länder-Kommission prüft Adblocker-Verbot

Plattformen wie Google und Facebook sollen reguliert, Werbe- und Jugendschutzvorschriften angepasst werden. Die Umsetzung der Vorschläge kann allerdings Jahre dauern.

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Adblock Plus

(Bild: dpa, Andrea Warnecke/Archiv)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Torsten Kleinz
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Eigentlich sollte die Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz die Kompetenzen der Medienregulierer neu sortieren und die gesetzliche Ungleichbehandlung von Online- und Offline-Medien beseitigen. Doch in dem heute in Berlin vorgelegten Abschlussbericht stehen auch brisantere Maßnahmen. So empfiehlt die Arbeitsgruppe gesetzliche Maßnahmen gegen Adblocker zu prüfen um die Medienvielfalt zu erhalten.

In dem heise online vorliegenden Papier ist dem Thema Adblocker ein ganzes Kapitel gewidmet, indem die vorwiegend von Verbänden der Medienindustrie vorgetragenen Beschwerden zusammengefasst werden. "Die vertretenen Stakeholder sahen einen rechts- und medienpolitischen Bedarf für ein gesetzliches Verbot von Ad-Blockern", heißt es darin. So seien die Medienunternehmen nicht gewillt, auf eine höchstrichterliche Klärung zu warten, die für die kommenden zwei Jahre erwartet wird. Als mögliche gesetzliche Gegenmaßnahme wurde "ein Integritätsschutz für journalistisch-redaktionelle digitale Produkte vergleichbar dem Gedanken des Signalschutzes im Rundfunkrecht" ins Gespräch gebracht.

Die zuständige Arbeitsgruppe wollte sich dieser Wertung allerdings nicht ganz anschließen. Sie sieht den Einfluss von Adblockern aber im Hinblick auf die Finanzierung von journalistischen Medien als rechtlich und medienpolitisch problematisch an. Ob tatsächlich gesetzliche Maßnahmen nötig seien, soll nun erst geprüft werden.

In Sachen Plattformregulierung geht die Kommission jedoch weiter. So plant sie Plattformen wie Facebook und Twitter stärker in die Pflicht zu nehmen. Hierzu soll ein neuer Begriff der "Medienplattform" gesetzlich geschaffen werden, an den sich verschiedene Regulierungen anknüpfen. Dabei haben die Medienpolitiker Sorge, wieder von den aktuellen Entwicklungen überholt zu werden. Deshalb sollen die gesetzlichen Kriterien und Pflichten möglichst abstrakt formuliert und durch gesetzliche Regelungsbeispiele ergänzt werden. Auf diese Art sollen die Regulierer ihren Spielraum besser an die veränderten technischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten anpassen können.

Obwohl Google in dem Papier nicht genannt wird, haben sich die Teilnehmer offensichtlich sehr explizit mit der Rolle des US-Konzerns beschäftigt. So schlagen die Autoren des Abschlussberichts eine Regulierung für so genannte "geschäftliche Intermediäre" vor, die "durch Aggregation, Selektion und Präsentation Aufmerksamkeit für von Dritten erstellte und gegebenenfalls eigene Inhalte erzeugen". Insbesondere Suchmaschinen soll eine höhere Transparenz verordnet werden: Sie sollen die zentralen Kriterien der Sortierung und Präsentation der Suchergebnisse kommunizieren. Eine komplette Offenlegung des Suchalgorithmus ist jedoch mit Verweis auf das Geschäftsgeheimnis der Anbieter nicht geplant.

Stattdessen stellt das Papier insbesondere darauf ab, ob diese Intermediäre eigene Dienste bevorzugt anzeigen. Bei diesem Aspekt ist die EU-Kommision den deutschen Medienregulierern allerdings schon zuvorgekommen und plant nach Medienberichten eine empfindliche Geldstrafe für den US-Konzern. Einheimische Anbieter müssen sich auf absehbare Zeit allerdings keine Gedanken um die neuen Regeln machen: So ist in dem Abschlussbericht der Bund-Länder-Kommission eine Bagatellschwelle vorgesehen, die kleine Anbieter von den neuen Transparenzverpflichtungen befreit.

Neben Suchmaschinen müssen sich auch Anbieter von SmartTVs und ähnlicher Plattformen auf neue Regeln gefasst machen: Sie sollen Diskriminierungsfreiheit, Chancengleichheit und Nutzerautonomie gewähren.

Damit werden Vorschriften aus der Rundfunkwelt teilweise auf Online-Anbieter übertragen. So war es beispielsweise Kabel-Anbietern bisher verboten, Angebote der öffentlich-rechtlichen Sender voreingestellt auf die hinteren Programmplätze zu verbannen. Eine Pflicht, ARD und ZDF auf der Titelseite anzuzeigen, bekommen Anbieter von Videoplattformen zwar nicht vorgeschrieben. Sie sollen aber sicherstellen, dass die Nutzer solche Inhalte finden können, wenn sie sie suchen.

Einen immer wieder vorgebrachten Streitpunkt wollen die Medienregulierer von vorneherein ausschließen. So sollen beispielsweise SmartTV-Hersteller die Angebote der TV-Sender nicht ohne deren Zustimmung verändern dürfen, um beispielsweise zusätzliche Werbung einzublenden. Nicht betroffen davon sind die sendereigenen Pläne, ihre Inhalte zum Beispiel durch HBBTV-Werbung zu ergänzen.

Die Umsetzung der Vorschläge des Arbeitspapiers wird allerdings Jahre beanspruchen. So unterliegen einige der vorgeschlagenen Maßnahmen der Kompetenz der EU-Gesetzgebung. Hier haben Bund und Länder ein gemeinsames Positionspapier zur Neufassung der Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste eingebracht. Andere Regelungen müssen von den Ländern im Rundfunkstaatsvertrag und dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag übrnommen werden. Der Bund muss sein Jugendschutzgesetz und das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen anpassen. Hier haben nun die jeweiligen Gesetzgeber das Sagen. (kbe)