BlackBerry baut das Softwaregeschäft aus

"US Senat gibt keine BlackBerry-Smartphones mehr aus", "US Senat schließt Millionen-Deal über BlackBerry Software ab". Diese beiden Nachrichten innerhalb einer Woche beschreiben die Umwandlung des Unternehmens.

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BlackBerry baut das Softwaregeschäft aus

Konzernchef John Chen erläutert die Zukunft von Blackberry aus seiner Sicht

(Bild: Volker Weber)

Lesezeit: 4 Min.
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Auf dem dritten BlackBerry Security Summit in New York erwähnt Konzernchef John Chen die Smartphones nur kurz. Er zeigt sich sowohl irritiert als auch amüsiert über das Echo auf die Einstellung des BlackBerry Classic, der in seinem ganzen Design auf die Vergangenheit des Unternehmens abzielte.

Es sei doch das normalste auf der Welt, dass neue Geräte alte Angebote ablösen. Auch Apple stelle kein iPhone 4 mehr her. Obwohl die Vorstellung des nächsten Android-Geräts kurz bevorsteht, wird es nicht auf diesem Event gezeigt. Nichts soll die Botschaft überschatten, dass die Software mittlerweile der größte Brocken im Umsatz der Kanadier ist. Chen macht keinen Hehl daraus, dass mit Software mehr Geld als mit Hardware verdient wird.

Auf hartnäckige Nachfrage erklärt Chen dann doch, warum BlackBerry weiter Smartphones anbietet: "Das ist ausschließlich durch die Kunden getrieben. Das ist ein Enterprise-Geschäft. Sie können nicht einfach aufhören, ohne eine sanfte Landung zu garantieren. Das sind die gleichen Kunden, denen ich auch die Software verkaufen will."

Noch sei BlackBerrys Android-Version noch nicht so sicher wie BlackBerry 10, aber in sechs bis acht Monaten sei das gleiche Sicherheitsniveau erreicht. Damit meint Chen sowohl Android Nougat als auch die eigenen Modifikationen zur Härtung der Plattform.

Chen zeigt sich entschlossen, weiterhin Smartphones anzubieten, will aber auch seine Technologie an andere Hersteller lizenzieren. Das Geschäft müsse rentabel sein, aber er sei sich sicher, das auch zu schaffen. Dieser Durchhaltewillen hat einen technischen Grund: BlackBerry braucht Endgeräte, die sie von der Hardware bis zur Software kontrollieren, um eine sichere Lösung anzubieten.

Die Akquisitionen zur Stärkung des Softwaregeschäfts hat BlackBerry ganz unterschiedlich gehandhabt. Good Technology etwa wurde binnen 30 Tagen in das Unternehmen integriert. Die Good-Container lösten die vorher zugekauften Container auf den Smartphones ab, die MDM-Lösung von Good wurde durch BlackBerrys eigene Plattform BES12 abgelöst. Zudem wurde die alte Technologie Good for Enterprise mit 15 Monaten Restlaufzeit abgekündigt. So wurde aus drei verschiedenen Lösungen eine, die BlackBerry nun in fünf Konfigurationen lizenziert.

AtHoc, die andere große Akquisition des letzten Jahres, wurde weitgehend sich selbst überlassen und erst kürzlich durch den BlackBerry-Vertrieb unterstützt. AtHoc stellt Software zur Krisenkommunikation her. Der größte Abnehmer ist das amerikanische Verteidigungsministerium mit über 3 Millionen Usern in allen Truppenteilen. Um eine Expansion in Europa zu unterstützen, hat AtHoc nun ein Rechenzentrum in den Niederlanden eröffnet.

Auch zur Zusammenarbeit mit Ermittlungsbehörden äußerte sich Chen. Er werde oft missverstanden mit seinen Äußerungen, weil er eine sehr persönliche Sicht äußere. "Wenn Sie einen Übeltäter in der Nachbarschaft haben, und sie wissen davon, dann müssen Sie doch der Polizei helfen, den dingfest zu machen. Das ist einfach ihre Verpflichtung gegenüber der Gemeinschaft."

Das Ansinnen, BlackBerry könne Nachrichten mitlesen oder entschlüsseln, sei einfach absurd. Ja, es gäbe Bestrebungen der Gesetzgeber, alle Hersteller zum Einbau von Hintertüren zu verpflichten, aber das werde nicht passieren. "There is no way that is going to fly". BlackBerry habe niemals Zugang zu den Nachrichten. Was BlackBerry sehr wohl habe, seien Metadaten über die Kommunikation.

Auf den Einwand, dass BBM anders als BBM Protected nicht Ende-zu-Ende verschlüsselt sei und deshalb sehr wohl abhörbar sei, sagte Chen, das sei zwar technisch denkbar, aber erstens schwierig und werde zweitens nicht genutzt. "Wir müssten die Nachrichten aufbewahren und das tun wir nicht." (vowe)