Neue Datenbank beleuchtet die globale Überwachungsindustrie

Privacy International hat den "Surveillance Industry Index" überarbeitet und deutlich ausgebaut. Darin aufgelistet sind nun 42 deutsche Firmen, die Überwachungstechnik verkaufen. Nur die USA, Großbritannien und Frankreich sind in dem Markt aktiver.

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Neue Datenbank beleuchtet die globale Überwachungsindustrie

(Bild: dpa, Andreas Gebert)

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Deutschland liegt hinter den USA, Großbritannien und Frankreich sowie vor Israel in den "Top 5" der Nationen, in denen weltweit die meisten Hersteller und Exporteure von Überwachungstechniken sitzen. Dies geht aus dem überarbeiteten "Surveillance Industry Index" (SII) hervor, den die Bürgerrechtsorganisation Privacy International am Dienstag gemeinsam mit dem Projekt Transparency Toolkit ins Netz gestellt hat.

Die Datenbank rund um die globale Überwachungsindustrie führt in ihrer neuen Fassung 42 deutsche Firmen auf, die Systeme verkaufen, mit denen sich Telekommunikation abhören, Computer mit Trojanern heimlich durchsuchen, Nutzer von Mobiltelefonen verfolgen oder soziale Netzwerke auswerten lassen. Dazu gehören Hersteller wie Elaman, Ipoque, Gten, DigiTask, Cognitec Systems, Utimaco, Secunet, Syborg, Siemens, Rohde und Schwarz, Rheinmetall oder FinFisher. Fünf davon haben ihren Hauptsitz in München. Eine Übersicht zu den belieferten Ländern gibt es auf Netzpolitik.org.

2013 versuchte Privacy International erstmals, mit dem Index nach den Snowden-Enthüllungen mehr Licht ins Dunkel der privaten Überwachungshelfer zu bringen. Die Datenbank enthielt damals 338 Unternehmen aus 36 Ländern. Die zivilgesellschaftliche Institution entschied sich aber, die Webseite wieder offline zu nehmen, nachdem sie einen Fehler in der ihr zugrundeliegenden Drupal-Software entdeckt hatte.

Nun sind 528 Unternehmen im Verzeichnis, es ist komplett durchsuchbar und soll regelmäßig aktualisiert werden. Die Informationen über 600 einzelne Exporte spezifischer Überwachungsprodukte mit Angaben auch zu den Einkaufsländern stammen aus offen verfügbaren Quellen einschließlich investigativer und technischer Analysen sowie aus staatlichen Export-Datenbanken. Eingebaut sind auch rund 1500 Verkaufsbroschüren und vergleichbares Material, mit dem die Firmen nicht nur in autoritären Regimen um Kunden buhlen. Für den ursprünglichen Index hatte Privacy International unter anderem die von Wikileaks veröffentlichten Spy Files ausgewertet.

Privacy International hat zudem einen Bericht über die globale Überwachungsindustrie publiziert. 87 Prozent der Unternehmen aus der Datenbank sitzen demnach in den OECD-Mitgliedstaaten, 75 Prozent in Nato-Ländern. Einen genaueren Blick werfen die Studienverfasser auf die Aktivitäten dieser Firmen in Deutschland, Italien, Großbritannien, Israel und den USA. Ferner analysieren sie 152 gemeldete Importe von Überwachungstechnik in den Nahen Osten und Nordafrika.

Die ermöglichten Einblicke in eine sehr auf Geheimhaltung bedachte Industrie sind laut Edin Omanovic von Privacy International entscheidend, um die Beteiligten zur Rechenschaft ziehen und umfassenden, auch politischen Schutz entwickeln zu können. M. C. McGrath vom Transparency Toolkit bezeichnete die Datenbank als wertvolle Ressource für Journalisten, Aktivisten, Forscher oder Politiker. Jeder Nutzer könne anhand der vielfältigen Filtermethoden rasch selbst herausfinden, mit welchen Überwachungsmitteln er möglicherweise ausgespäht werde. Eine ähnliche Datenbank hat der Hacker Andy Müller-Maguhn unter Bugged Planet ins Leben gerufen.

[Update 03.08.2016 16:35]:

Secunet legt wert auf die Feststellung, dass die Firma weder Systeme zum Abhören noch Trojaner zum heimlichen Durchsuchen von Computern oder ähnliche Software herstellt. Secunet werde in der Datenbank von Privacy International lediglich im Zusammenhang mit Counter-Surveillance-Techniken erwähnt. (anw)