Neue Rätsel um KIC 8462852: Mysteriöser Stern wird immer dunkler

Seit fast einem Jahr rätseln Astronomen über auffällige Helligkeitsveränderungen des Sterns KIC 8462852. Zwei von ihnen haben ihn nun weiter erforscht und kennen kein natürliches Phänomen mehr, das die Beobachtungen erklären könnte.

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Neue Rätsel um KIC 8462852: Mysteriöser Stern wird langsam dunkler

Künstlerische Darstellung des Sterns KIC 8462852.

(Bild: T. Pyle, JPL-Caltech, NASA)

Lesezeit: 3 Min.

Der mysteriöse Stern KIC 8462852 ist innerhalb von nur vier Jahren um mehr als drei Prozent dunkler geworden, den Forschern gehen inzwischen die Erklärungsversuche für das seltsame Verhalten der fernen Sonne aus. Zu diesem Schluss kommen die US-Astronomen Benjamin Montet und Joshua Simon nach ihrer ausführlichen Auswertung aller Aufnahmen von KIC 8462852, die das Weltraumteleskop Kepler der NASA gemacht hat. Im Entwurf ihrer Studie plädieren sie für weitere Untersuchungen, denn ihr Text erweitert das Rätsel KIC 8462852 um ein weiteres Puzzlestück.

Im Oktober 2015 war bekannt geworden, dass Astronomen über merkwürdige und sehr starke Helligkeitsschwankungen des rund 1500 Lichtjahre entfernten Sterns rätseln. Die deuten auf Objekte hin, die vor dem Stern vorüberziehen und deutlich größer sein müssten als Exoplaneten. Weil aber von dem System keine übermäßige Infrarotstrahlung ausging, schien eine proto-planetare Scheibe oder ein durcheinander gewirbeltes System als Grund auszuscheiden. Als anderen Erklärungsversuch hatte der Astronom Jason Wright mögliche Megastrukturen in die Diskussion gebracht und damit für Aufmerksamkeit gesorgt. Gebaut von Außerirdischen könnte ein Schwarm davon etwa als immense Sonnenkollektoren den Stern umkreisen. Eine natürliche Erklärung sei aber immer noch wahrscheinlicher und spannend, hatten alle beteiligten Wissenschaftler immer wieder versichert.

Die neuen Datenpunkte und die bereits gesammelte Lichtkurve mit den massiven Verdunkelungsschüben.

(Bild: Monet, Simon)

Montet und Simon vom Cahill Center for Astronomy and Astrophysics, dem Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics und der Carnegie Institution of Washington haben nun insgesamt 52 sogenannte FFI-Aufnahmen (Full-Frame Images) von Kepler verglichen, auf denen KIC 8462852 zu erkennen ist. Die ergänzen die durchgängig gesammelte Lichtkurve einmal im Monat um voll kalibrierte Aufnahmen, erklären die Wissenschaftler. Die Bilder stammen demnach aus vier verschiedenen Detektoren, aber ihre Ergebnisse passen zueinander. Demnach verdunkelte sich der Stern in den ersten rund 1000 Tagen gleichmäßig um rund 0,9 Prozent und in den nächsten 200 Tagen dann viel schneller um mehr als 2 Prozent. Dann fiel die Rate der gleichmäßigen Verdunkelung wieder auf den anfänglichen Wert.

Um mögliche Fehler auszuschließen, haben sie die Helligkeit von acht Sternen vermessen, die von Kepler nahe KIC 8462852 abgelichtet wurden. Sie alle zeigen demnach keine Auffälligkeiten. Die beiden Astronomen handeln auch andere Erklärungsversuche ab, nur um sie auszuschließen oder zumindest für äußerst unwahrscheinlich zu erklären. Die zwischenzeitlich beschleunigte Verdunkelung beispielsweise sehe aus wie ein Transit vor dem Stern, nur eben deutlich langsamer. Die Überreste einer gigantischen Kollision in dem System müssten "unmöglich weit" von dem Stern entfernt sein oder langsam an Dichte zulegen. Selbst das würde aber weder die kontinuierliche Verdunkelung davor und danach noch die massiven, kurzzeitigen Verdunkelungen erklären.

Nehme man diese neuen Erkenntnisse und die bereits beobachteten Aspekte zusammen, so "kann kein bekanntes oder vorgeschlagenes stellares Phänomen vollständig alle Details der Lichtkurve erklären", bilanzieren die Forscher. Immerhin hätten sie dort nun eine kontinuierliche Verdunkelung beobachtet, einen zwischenzeitlichen Verdunkelungsschub, die kurzfristigen, aber massiven Verdunkelungen und das sehr langfristige Dunklerwerden. Die Astronomen fordern deswegen weitere Beobachtungen, alternative Hypothesen und neue Datensammlungen, um dieses "sehr mysteriöse Objekt" zu erklären. Auch wenn sie keine Außerirdischen in ihrem Papier erwähnen, so machen sie mehr als deutlich, welch spannendes Forschungsobjekt KIC 8462852 bleibt. (mho)