iPhone aus US-Produktion

Was es kosten würde, wenn Apple sein Top-Smartphone in seiner Heimat herstellen würde.

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Von
  • Konstantin Kakaes

Donald Trump will Apple dazu bringen, in den USA zu produzieren statt in China – falls er Präsident wird. Wäre das wirklich machbar? Und wenn ja, um wie viel wären die Produkte dann teurer? Wir haben Szenarien unterschiedlicher Radikalität durchgerechnet.

Szenario 1: Endmontage in den USA

Das Marktforschungsunternehmen IHS beziffert den reinen Materialwert für das Spitzenmodell iPhone 6s auf 230 Dollar. Das Smartphone wird in den USA für 749 Dollar verkauft. Das iPhone SE, Apples neuestes Modell, enthält Teile im Wert von 156 Dollar und wird für 399 Dollar verkauft.

Zurzeit lässt Apple iPhones in sieben Fabriken montieren – sechs in China und eine in Brasilien. Die Einzelteile zusammenzusetzen kostet nicht mehr als vier Dollar, schätzt IHS. Jason Dedrick von der Syracuse University, der zur globalen Wertschöpfung in der Computerindustrie forscht, beziffert diese Montagekosten auf zehn Dollar.

Die Montage in die USA zu verlagern, würde noch einmal 30 bis 40 Dollar an zusätzlichen Kosten verursachen, meint er. Die gestiegenen Kosten entstehen allerdings nur zum kleineren Teil durch die höheren Löhne. Der größere Teil würde durch einen höheren Aufwand bei Transport und Logistik verursacht. Wie viele Arbeitsplätze würden dabei in den USA geschaffen? Laut Apple sind zwar weltweit rund 1,6 Millionen Menschen für den Konzern und seine zahlreichen Zulieferer tätig. Aber die genaue Anzahl lässt sich schwer beziffern, da die großen Zulieferer oft für mehrere Kunden arbeiten.

Szenario 2: Apple lässt auch die Komponenten in den USA fertigen

766 verschiedene Unternehmen liefern Teile für die iPhones an Apple, 346 davon sind aus China, 126 aus Japan, 41 aus Taiwan und immerhin 69 aus den USA. Aber auch amerikanische Zulieferer lassen nicht immer in den USA fertigen. Das Touchdisplay des iPhones beispielsweise ist durch Gorilla-Glas des US-Herstellers Corning geschützt. Corning bezieht das Glas sowohl aus Kentucky als auch aus Südkorea, Japan und Taiwan. Der Prozessor, ein von Apple entwickelter A9-Chip, wird wiederum in Lizenz von Samsung in Südkorea und TSMC in Taiwan hergestellt.

Wo weitere Einzelteile wie das Mobilfunkmodul, Speicher und Funkchips gefertigt werden, ist schwer zu sagen. Denn deren Hersteller wie Qualcomm oder Sandisk arbeiten "fabless", also ohne eigene Fabriken. Stattdessen vergeben sie Lizenzen an weltweit agierende Auftragsfertiger, die in China, aber auch in Deutschland, Singapur oder den USA produzieren.

Laut Duane Bolding vom MIT, der sich auf Halbleiterfertigung spezialisiert hat, spielen die unterschiedlichen Lohnniveaus dabei keine große Rolle. Die Arbeitskosten machen nur einen sehr geringen Anteil der massiven Investition von mehreren Milliarden Dollar aus, die für die Errichtung einer einzigen Chipfabrik nötig sind.

Da jede neue Generation von Chips wieder neue Maschinen erfordert, sind Chipfabriken schnell veraltet. Neue Fabriken könnten theoretisch überall gebaut werden – auch in den USA. Was würde es also kosten, die gesamte Produktionskette zu verlagern? Dedrick und seine Kollegen schätzen die Zusatzkosten auf weitere 30 oder 40 Dollar. Allerdings wären die neuen US-Fabriken zunächst nicht in der Lage, so effizient zu arbeiten wie nötig und die geforderten Stückzahlen zu liefern. Anfänglich wäre also eher mit 100 Dollar zusätzlichen Kosten zu rechnen.

Szenario 3: Autarke Produktion

Was wäre, wenn Apple sich vollkommen von ausländischen Zulieferern unabhängig machen wollte? Keine einfache Aufgabe, denn laut Alex King, Leiter des Instituts für Kritische Rohstoffe am Ames Laboratory, das für das US-Energie-ministerium Materialforschung betreibt, werden im iPhone 75 chemische Elemente verwendet. Vor allem die sogenannten seltenen Erden sind problematisch, wie etwa Neodym für Magnete, Hafnium für die Transistoren oder Lanthan für die Kamera-Optik.

Molycorp, das letzte Unternehmen, das seltene Erden in den USA abgebaut hat, ist 2015 pleitegegangen. "Kein technisches Produkt kann – vom Rohstoffabbau bis zur Endmontage – ausschließlich in einem Land produziert werden", sagt der Rohstoff-experte David Abraham. Das iPhone verkörpert gleichzeitig genauso den amerikanischen Erfindungsreichtum wie die Realitäten der globalen Wirtschaft. (bsc)