Aufstand der Maschinen

Was machen die Maschinen, wenn sie den Menschen alle Jobs weggenommen haben? Sie beschäftigen sich gegenseitig.

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Im Zusammenhang mit den jüngsten Erfolgen der Künstlichen Intelligenz taucht immer wieder die Frage auf: Nehmen uns die Maschinen die Arbeit weg? Folgt man den einschlägigen Experten, ist die Frage falsch gestellt. Es geht nicht um "ob", es geht um "wann".

Dabei sprechen wir keineswegs über die dumpfen Blechkollegen von früher, die ganze Werkerkolonnen wegrationalisiert haben. Wir reden über geistige Tätigkeiten – "Knowledge Work" auf Neuhochdeutsch. Nicht mal Universitäten werden davor sicher sein. Erst kürzlich habe ich einen interessanten Beleg für diese These gefunden: einen automatischen Peer-Review-Generator.

Gut, das war vielleicht ein bisschen schnell. Der Reihe nach: Wissenschaftliche Aufsätze werden zwar in wissenschaftlichen Fachzeitschriften abgedruckt, aber natürlich nicht einfach so. Bevor sie gedruckt werden, werden sie inhaltlich geprüft: Ist das plausibel, was da steht? Sachlich richtig? Sind alle Behauptungen auch durch Fakten gedeckt? Was müsste man vielleicht noch erklären? All das prüfen andere Forscher im Auftrag der Wissenschaftsverlage – so genannte Peers. Die machen das in den seltensten Fällen für Geld – aber es bringt Reputation.

Eric Medvet von der Universität Triest hat nun gemeinsam mit Kollegen ein Programm entwickelt, das Forscher von diesen lästigen Pflichten befreit: ein automatischer Review-Generator. Das Programm analysiert einen wissenschaftlichen Aufsatz, pickt sich einzelne Sätze heraus – die wichtig scheinen – und gibt Empfehlungen dazu wie: Diesen Aspekt sollte man noch vertiefen. Und natürlich empfiehlt es zum Schluss, ob das analysierte Paper veröffentlicht werden sollte, oder nicht. Mit einer – leider sehr kleinen – Gruppe menschlicher Testpersonen prüften die Wissenschaftler schließlich, ob das computergenerierte Schreiben als echt durch geht. Immerhin ein Drittel der Versuchspersonen ließen sich hinters Licht führen.

Leider haben Medvet und Kollegen den Code nicht veröffentlicht, wie seinerzeit die Schöpfer von SciGen. Dieses Tool, 2005 von drei MIT-Informatikern programmiert, erzeugt auf Knopfdruck einen wissenschaftlich klingenden Text mit Grafiken und allem, was dazu gehört. Allerdings ist die computergenerierte Arbeit komplett sinnfrei.

Die Autoren, Jeremy Stribling, Max Krohn und Dan Aguayo wollten damit eigentlich entlarven, dass manche wissenschaftliche Zeitschriften mehr oder weniger unbesehen alles drucken, was sie zugeschickt bekommen. Dass es auch renommierte Verlage wie den Springer-Wissenschaftsverlag treffen würde, konnten sie nicht ahnen. Der musste 2013 insgesamt 85 Veröffentlichungen aus seriösen wissenschaftlichen Zeitschriften zurückziehen, weil sie offensichtlich mit SciGen produziert worden waren.

Ich stell mir jetzt vor, wie das munter im Kreis geht: Eine Gruppe von Computern erzeugt wissenschaftliche Aufsätze, die andere analysiert sie. Eine Welt ohne uns – ich bin sicher, die Maschinen würden ganz hervorragend ohne menschliche Einmischung zu Recht kommen. Vielleicht hätten wir dann ja auch mal wieder Zeit, wirklich interessante Fragen zu diskutieren. Wäre ein Experiment wert – Versuch macht kluch. (wst)