Allo und der Sinn des Lebens

Googles neuer Assistent lässt sich reichlich Rechte gewähren – obwohl er sie in vielen Fällen gar nicht bräuchte.

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Googles neue Messenger-App Allo hat eine Funktion, die sehr interessant klingt: Answers. Antworten statt Trefferlisten, wer will das nicht? Also bitte, Allo: Was ist der Sinn des Lebens? (Und wage es nicht, "42" zu antworten.) Allo antwortet kühl: "I need certain permissions to help you." Konkret möchte er Einblick in sämtliche meiner Web- und App-Aktivitäten bekommen. Na gut, wenn’s der Wahrheitsfindung dient. Nun lautet die Antwort: "I have a factor warranty. So I don’t worry about things like that."

Gut gekontert. Allerdings war mein Versuch, die Künstliche Intelligenz aus der Reserve zu locken, auch ziemlich vorhersehbar. Die Allo-Botmaster haben sie offenbar mit einer vorformulierten Antwort abgefangen.

Machen wir es also etwas konkreter: "Wer erfand das Telefon?" Die Antwort: "Alexander Graham Bell and Antonio Meucci". Sehr interessant. Einerseits ist es ja schön von Allo, den italo-amerikanischen Bastler Meucci (1808 – 1898) nicht unter den Tisch fallen zu lassen. Er hatte schon vor Bell einen Fernsprecher erfunden, konnte sich aber mangels Geld kein Patent sichern. Andererseits: War da nicht was mit einem gewissen Johann Philipp Reis aus Friedrichsdorf? Kann man ihn nicht mindestens mit gleicher Berechtigung als Erfinder des Telefons bezeichnen wie Bell?

Die deutschsprachige Wikipedia listet nicht weniger als 13 Beteiligte an der Erfindung des Telefons auf. Die Frage nach dem Erfinder des Telefons lässt sich also ebenso wenig seriös beantworten wie die nach dem Sinn des Lebens. Während das im letzteren Fall jedem Nutzer klar sein dürfte, ist der erste Fall nicht so eindeutig. Die Google-Antwort suggeriert eine Klarheit, die es in Wahrheit nicht gibt.

Dies ist kein spezielles Problem von Allo, sondern ein generelles von Googles Ansatz, möglichst oft klare Antworten statt Trefferlisten auszugeben. Denn im Grunde genommen ist der Allo-Assistent nichts weiter als eine Suchmaschine mit ein paar vorformulierten Abfragen und der hauchdünnen Überzeug einer eigenen Persona. Auf die Frage nach dem Telefon gibt die Google-Websuche nämlich exakt dieselbe Antwort wie Allo.

Wenn das so ist: Warum sollte ich Allo dann Zugriff auf meine gesamten Aktivitäten gewähren? Das Privacy-Tool "SRT AppGuard" ermittelt für Allo einen rekordverdächtigen Risikowert von 8,6 – weit mehr als bei jeder anderen jemals von mir installierten App. Doch meine Daten dürften weder neue Erkenntnisse über den Erfinder des Telefons noch über den Sinn des Lebens enthalten. Allo verspricht natürlich, aus meinen Aktivitäten zu lernen und nach und nach immer passendere Antworten zu geben. Für mich klingt das allerdings nach einem Vorwand, um Zugriff auf möglichst alles zu bekommen, was an Rechten überhaupt zu vergeben ist.

Immerhin: Man kann sämtlichen Google-Produkten die Rechte auch wieder entziehen, und zwar hier. (grh)