Geld für die rote Pille

Wenn das mal keine Ironie ist: Ausgerechnet Firmengründer aus dem Silicon Valley finanzieren Forscher, die herausfinden wollen, ob wir in einer Computersimulation leben.

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Es ist zwar schon eine ganze Weile her, dass die Matrix-Triologie im Kino lief, aber die Geschichte hat offensichtlich nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Wie der New Yorker jetzt berichtete, investieren derzeit angeblich zwei Silicon-Valley-Milliardäre größere Summen, um die Stichhaltigkeit der so genannten "Simulationshypothese" zu überprüfen.

Hört sich ganz schon durchgeschossen an, aber so einfach kann man die Sache nicht zu den Akten legen: 2003 veröffentlichte der Philosoph Nick Bostrom in der Zeitschrift Philosophical Quaterly einen Aufsatz, in dem er die Frage, ob wir in Wirklichkeit in einer Computersimulation leben, ganz nüchtern durchdachte. (Auf einer Website hat Bostrom dieses Paper, Interviews und die nachfolgende Debatte rund um die Simulations-Hypothese zusammen gefasst). Sein wesentliches Argument: Wenn die Menschheit es schafft, sich nicht selbst von der Oberfläche des Planeten zu tilgen, erreicht sie ein technisches Stadium, in dem sie fähig wäre, solch eine Simulation laufen zu lassen. Aber wenn das prinzipiell möglich ist, dann tut sie es vielleicht schon – und wir sind mitten drin.

Man mag von solchen Gedankenspielen halten, was man will. Es ist jedenfalls nicht ganz einfach, die Logik dieser Argumentation zu durchbrechen. Das kleine Problem ist nur: Kann man irgendetwas davon beweisen? Ist die "rote Pille" aus den Matrix-Filmen denkbar? Gibt es irgendein Experiment, dessen Ausgang beweisen könnte, dass wir tatsächlich in einer Simulation leben? Eigentlich nicht, sagt der Kosmologe Max Tegmark vom MIT im Rahmen der jährlichen Debatte zum Gedenken an Isaac Asimov in American Museum of Natural History. Denn der Ausgang jedes nur denkbaren physikalischen Experiments wäre ja auch simuliert – und damit nach Belieben manipulierbar.

Trotzdem gibt es eine Chance: Der Stringtheoretiker Sylvester Games von der University of Maryland argumentiert, die mathematische Eleganz der Naturgesetze sei ein Hinweis darauf, dass diese Naturgesetze tatsächlich simuliert sind. Außerdem wäre die ungleichmäßige Verteilung von Masse und/oder Energie zu Beginn des Universums ein Hinweis auf so etwas wie die Startbedingungen der Simulation.

Immer noch nicht überzeugt? Macht nichts. Ich finde ja die Frage viel spannender, wer denn nun die beiden Millionäre sind, die diese Frage so wichtig finden, dass sie tatsächlich Geld dafür ausgeben. Leider klärt der New Yorker diese Frage nicht. Was bleibt sind Spekulationen. Einer der Milliardäre soll angeblich Elon Musk sein, bei dem anderen soll es sich um einen der Google-Gründer handeln: Larry Page oder Sergey Brin. Wenn das mal keine Ironie ist: Ausgerechnet die Firmengründer, die dafür verantwortlich sind, dass Millionen von Menschen tatsächlich mittlerweile in einer Matrix leben, einem Parallel-Universum, in dem der Klimawandel nicht existiert, Impfen gefährlich ist, und Reptilien-Aliens in Verkleidung die Welt bevölkern, wollen wissen, ob wir in einer Simulation leben. Da hat wohl ein Programmierer vergessen, die Schleife zu schließen. (wst)