Ausweg zubetoniert

Dass nun ein Verbot von Verbrennungsmotoren diskutiert wird, hat sich die Autolobby selbst zuzuschreiben.

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Soso, die Herren Seehofer und Dobrindt sind also gegen ein Verbot von Verbrennungsmotoren. War ja klar. Ich selbst finde die Idee auch nur so mittelgut. Es gibt für die E-Mobilität genug niedrig hängende Früchte zu ernten, besonders im Stadtverkehr. Das ist vor allem eine Frage der Kosten, weniger der Reichweite. Jetzt auch noch den letzten Vertreter-Passat elektrifizieren zu wollen ist meiner Meinung nach ein technischer Aufwand, der das Ergebnis nicht rechtfertigt. Immerhin bringt die Forderung wieder etwas Schwung in die Debatte, und das ist gut so.

Zurück zum bayerischen Bremsergespann: Wäre ja mal ganz nett, aus dem Süden etwas Konstruktives zu hören. Es ist ja nun einmal politischer Konsens beziehungsweise geltendes Recht, dass a) etwas den Klimawandel und b) etwas gegen die hohen Stickoxid-Konzentrationen in den Innenstädten getan werden muss. In beiden Fällen spielt Dobrindts Ressort eine unrühmliche Rolle. Die Expertenkommission zum Monitoring-Prozess der Energiewende ist zum Beispiel der Ansicht, die "Zielerreichung im Verkehrssektor" werde "nicht ausreichend ernstgenommen". Das zeige sich darin, "dass keine Maßnahmen erkennbar vorbereitet werden, die dem Problem Abhilfe leisten".

Es ist das gute Recht von Dobrindt, die Ideen anderer doof zu finden. Doch dann möge er doch bitte a) bessere Vorschläge machen oder b) rundheraus sagen, dass ihm das ganze Ziel nicht passt – dass er etwa den Klimawandel für eine Verschwörung von Autogegnern und NOx-Grenzwerte für einen Spleen von EU-Bürokraten hält.

Den klassischen Weg der Autoindustrie, Probleme mit aufwendiger Technik wegzuingenieuren, haben ausgerechnet Seehofer und Dobrindt verstellt. Erstens durch ihr Lobbyieren gegen strengere Abgasgrenzwerte: Kastrierte Kontrollen machen Autos zwar auf dem Papier sauberer, aber in der Luft landen die ganzen Schadstoffe trotzdem – und dort sind sie messbar. Genau das fällt der Autoindustrie nun in Form drohender Fahrverbote und sinkenden Diesel-Marktanteilen auf die Füße. Wenn es das Kraftfahrtbundesamt nicht schafft, die Luftverpester aus dem Verkehr zu ziehen, werden es halt die Gerichte tun.

Auch mit der Ablehnung einer blauen Plakette haben Dobrindt und die Verkehrsminister der Länder einen technischen Ausweg zubetoniert. Die Plakette hätte es in Kombination mit wirksamen Abgaskontrollen wenigstens erlaubt, nachweislich saubere Diesel weiterhin in die Städte zu lassen. Ihr Fehlen diente den Städten seitdem als Vorwand gegen strengere Restriktionen. Doch das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat nun geurteilt, dass es dafür gar keine Blaue Plakette braucht – zur Not müssen halt alle Diesel ausgesperrt werden, um die Luftgrenzwerte einzuhalten.

Das ist unfair all denen gegenüber, die sich – womöglich gar aus Umweltgründen – einen teuren neuen Euro-6-Selbstzünder zugelegt haben. Spiegel Online spekuliert, dass es Dobrindt hingegen genau auf solche Fahrverbote abgesehen hat, um den Schwarzen Peter an Länder und Kommunen abzuschieben, die solche unpopulären Maßnahmen dann beschließen und durchsetzen müssten. Doch auch das kann unmöglich im Sinne der CSU-Autolobbyisten sein. Ein klassisches Eigentor also. (grh)