Autonom durch die Meere

Selbstfahrende Autos ziehen derzeit viel Aufmerksamkeit auf sich, doch auch bei Schiffen wird an autonomer Steuerung gearbeitet. Interessant ist das für die Marine ebenso wie für die Logistikbranche.

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Von
  • Jamie Condliffe
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Kalifornien mag als die Heimat der Roboter-Autos von Google bekannt sein, doch vor der Küste desselben US-Bundesstaats testet die Regierungsagentur DARPA eine Technologie, die noch spannender ist als die autonomen Keksdosen des Such-Giganten: ein Roboter-Boot.

Zuletzt hat die DARPA auf dem Meer das Radarsystem ihres so genannten Continuous Unmanned Vessel getestet. Die Technologie dafür befindet sich gar nicht an Bord: Sie wird an einem Gleitschirm hinter dem Schiff hergezogen, der Höhen zwischen 150 und 500 Metern erreicht.

Wie Tests zeigen, steigert die zusätzliche Höhe die Leistungsfähigkeit des Radars und seine Reichweite deutlich über das hinaus, was mit einem einfachen Mast auf dem Schiff möglich wäre. Für die DARPA liegt darin die Zukunft der Kriegsführung auf See: Drohnenboote patrouillieren in potenziell feindlichen Gewässern, während bemannte Schiffe so lange wie möglich außerhalb der Gefahrenzone bleiben.

Nicht nur bei der DARPA wird an autonomen Schiffen gearbeitet. Ein ähnliches Projekt, gedacht für den kommerziellen Einsatz, wurde vor kurzem in Amsterdam vorgestellt. Unter dem naheliegenden Namen Roboat wollen Forscher von MIT, der Technischen Universität Delft und der Universität Wageningen eine autonome Flotte für die Kanäle der Stadt entwickeln. 27 Millionen Dollar stehen dafür zur Verfügung.

Hauptsächlich sollen die kleinen Fähren Pakete und Menschen durch die Stadt befördern. Laut einem Bericht von The Verge könnten sie bei Bedarf aber auch als Brücken oder Landungsstege dienen. Die ersten Exemplare sollen im kommenden Jahr ins Wasser gehen, insgesamt ist das Projekt auf fünf Jahre angelegt.

Weitere autonome Boote werden, wie das der DARPA, ebenfalls für das offene Meer entwickelt, zum Beispiel bei Saildrone in Kalifornien. Die Mini-Trimarane des Unternehmens sehen aus wie geschrumpfte Yachten, sollen aber nicht für Segeltörns oder Rennen dienen: Sie segeln hin und her, um Fischbestände oder Umweltdaten zu erfassen.

In Boston wiederum arbeitet Sea Machines an Schiffen für Aufgaben, die wie das Steuern von Schleppern für Menschen gefährlich sein können. Software sorgt dafür, dass Prototypen des Unternehmens unabhängig von A nach B fahren können, wobei sie Hindernissen ausweichen und unterwegs mit anderen Booten arbeiten können. Tests damit gab es vor kurzem im Hafen von Boston.

Auch die globale Logistikbranche hat ambitionierte Pläne in diesem Bereich. Rolls-Royce etwa veröffentlichte in diesem Jahr die Vision für eine Zukunft, in der Containerschiffe ohne einen einzigen Mann Besatzung die Meere durchqueren. Mikael Makinen, Präsident der Marine Division von Rolls-Royce, sprach sogar davon, die Idee sei "so disruptiv wie das Smartphone"; intelligente Schiffe würden Schiffsdesign und -betrieb "revolutionieren".

Das könnte stimmen. Wie The Economist berichtet, könnten vollständig automatisierte Frachtschiffe schneller, sicherer und irgendwann auch billiger sein als ihre bemannten Vorgänger. Bis dahin wird es jedoch noch etwas dauern.

Wie Autos werden auch Schiffe autonome Funktionen wie Navigation und mechanischen Betrieb nur Schritt für Schritt erhalten. Dabei wird es viele Probleme zu lösen geben, nicht zuletzt das der Sicherheit – damit nicht etwa Piraten der Zukunft Schiffe einfach per Hack entführen können.

(sma)