Schlanke KI für Mobilgeräte

Mit einem neuen Filter können Facebook-Nutzer Bilder und Videos aussehen lassen wie berühmte Kunstwerke. Das ist eher eine Spielerei – doch sie dürfte den Weg zu vielen Angeboten mit künstlicher Intelligenz auf Mobilgeräten bereiten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 1 Kommentar lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jamie Condliffe
Inhaltsverzeichnis

Facebook hat einen auf künstlicher Intelligenz basierenden Foto-Filter vorgestellt – eine eher bescheidene Neuerung, doch sie zeigt die großen Ambitionen des Unternehmens, KI zum festen Bestandteil seines gesamten Angebots zu machen.

Die neue Software nutzt tiefe neuronale Netze, um Fotos und Live-Videos so umzuwandeln, dass sie berühmten Kunstwerken ähneln. Andere Produkte erzielen ähnliche Ergebnisse, indem sie die nötigen Berechnungen in die Cloud auslagern. Bei Facebook dagegen wird alles auf den Telefonen der Nutzer selbst erledigt.

Das ist erforderlich, damit die Filter in Echtzeit funktionieren – ein Umweg über die Cloud würde eine Live-Transformation verhindern. Technisch aber ist es eine enorme Herausforderung. Laut Facebook-Entwicklern wurde sie mit Hilfe von zwei Komponenten gemeistert: einem schlanken KI-Verarbeitungssystem namens Caffe2Go und einem speziell optimierten Satz von Modellen, mit denen sich die erwünschten künstlerischen Effekte mit relativ wenig Rechenleistung erzielen lassen.

Im Grunde verbrachte das Team viel Zeit damit, seine künstlerischen KI-Modelle – die an sich kein neuer Ansatz sind – laufen zu lassen, um herauszufinden, wo sie sich vereinfachen lassen. Dadurch war es möglich, sie um den Faktor 100 zu verkleinern. Das Ergebnis ist eine KI-Software, die auf einem Smartphone überzeugende Ergebnisse liefert, und zwar schnell und unabhängig von der Qualität der Datenverbindung.

Facebook ist keineswegs der erste Anbieter, der KI in Software für ein Mobilgerät bringt. Vorher gab es bereits das Übersetzungswerkzeug von Google und das Apple-System zur Gesichtserkennung. Beeindruckend an der Facebook-Software ist deshalb vor allem, wie sie einen normalerweise sehr ressourcenintensiven Prozess vereinfacht.

Wie sich am Vorgehen des Unternehmens zeigt, ist die eigentliche große Neuigkeit bei dem Angebot gar nicht der Bilder-Filter selbst. Eher scheint Caffe2Go der erste Schritt dafür zu sein, lokale KI in weitaus mehr Mobilangebote zu integrieren. In näherer Zukunft denkbar wären Gesten- oder Bilderkennung, und auch für Spracherkennung oder Klangsynthese erscheint der Ansatz geeignet.

In einem begeisterten Beitrag über die Ambitionen im Bereich KI erklärt Mike Schroepfer, Chief Technology Officer von Facebook, wie Forschung zu Maschinenlernen alle Bereiche des Unternehmens erreicht. So nutzt es Werkzeuge für maschinelles Sehen zur Optimierung von Internet-Zugängen und Spracherkennung, um realistischere VR-Avaratare zu schaffen.

Außerdem nennt Schroepfer einige Zahlen, die das rasche Tempo der KI-Verbreitung bei Facebook belegen. So hat das Unternehmen ein Werkzeug zum Datenaustausch namens AutoML entwickelt, mit dem sich alle seine Maschinenlern-Modelle – und davon werden derzeit offenbar 300.000 pro Monat getestet – gegenseitig mit neuen Lerninhalten aktualisieren. Aktuell laufen bei Facebook jeden Monat doppelt so viele KI-Experimente wie vor einem halben Jahr.

Natürlich gibt es trotzdem noch bedeutende Hürden für KI-Systeme – unter anderem echtes Sprachverständnis, die Fähigkeit zu verstehen, wie die echte Welt aussieht, und Voraussagen über die weitere Entwicklung in einer realen Situation. Wie Schroepfer einräumt, sind dies die nächsten großen Herausforderungen für die KI-Forschung. Es wird noch eine Weile dauern, bis Ihr Telefon all diese schlauen Sachen beherrscht – aber mit Sicherheit arbeitet Facebook daran.

(sma)