Was bringt das Gentechnik-Getreide in der Praxis?

Nach zwei Jahrzehnten Anbau steht eine Bilanz an: Die genveränderten Getreidesorten liefern offensichtlich keine Superertäge. Auch der Einsatz von Pestiziden hat sich bei den Gentechnik-Varianten keineswegs verringert.

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Von
  • Inge Wünnenberg

Was wäre, wenn sich zentrale Versprechen der Agrarindustrie im Zusammenhang mit den neuen genveränderten Getreidesorten gar nicht halten ließen? Dass die gentechnisch optimierten Varianten der großen Konzerne um das Jahr 2050 herum helfen sollen, dann die Weltbevölkerung von fast zehn Milliarden Menschen zu versorgen, klingt zunächst plausibel. Die New York Times hat allerdings jüngst herausgefunden, dass die Ernten die einst prophezeiten Steigerungen offensichtlich bis heute nicht erzielen.

Auf der Basis von Daten der Vereinten Nationen konstatiert der Artikel, dass die USA und Kanada im Vergleich zu den ähnlich entwickelten europäischen Staaten wie Frankreich und Deutschland keine "wahrnehmbar" höheren Ernteertäge verzeichnen. Und das, obwohl in Übersee genoptimierte Varianten zu deutlich höheren Preisen von den Farmern gekauft und in großem Ausmaß angebaut werden, während in Europa quasi ausschließlich konventionell gezüchtete Sorten zum Einsatz kommen.

Der ausbleibende Erfolg der Ernten wäre vielleicht zu verschmerzen, ginge er nicht einher mit dem massiven Einsatz von Spritzmitteln. Seit der Einführung der genveränderten Sorten in den USA vor rund zwei Jahrzehnten steigerte sich der Einsatz von Pestiziden allgemein noch, während der von Herbiziden im Besonderen immerhin um 21 Prozent zurückging. Reduziert wurde zwar noch die Verwendung von Toxinen, aber im Vergleich zu den französischen Zahlen ist das nichts: Hier wurden in der gleichen Zeitspanne letztlich 65 Prozent weniger Insektizide und Fungizide verwendet und immerhin 36 Prozent weniger Herbizide.

Das ist ein großer Vorteil der konventionellen Sorten, die nicht durch Genveränderungen an den Einsatz bestimmter Pestizide gekoppelt sind. Denn Pestiziden werden laut New York Times durchaus schädliche Nebenwirkungen für den Menschen nachgesagt – wie Entwicklungsverzögerungen zum Beispiel oder Krebs. Vor allem aber kurbeln sie eine unheilvolle Spirale an. Denn gegen die mit der Zeit entwickelten Resistenzen seitens der Unkräuter müssen wieder neue Spritzmittel entwickelt werden. Und neue Getreidesorten, die all die Pestizide vertragen, sind wiederum bei den Agrarkonzernen wie Monsanto bereits in der Pipeline.

Da wirkt die gute alte Welt Europas fast wie die Insel der Glückseligen. Gleichwohl existiert auch hier eine erregte Debatte über die Zulassung von Glyphosat (siehe TR 7/2016, S. 46). Das Pflanzenschutzmittel, schon seit den Siebzigern auf dem Markt, steht ebenfalls unter Verdacht, Krebs zu erregen. Aber Ersatz ist noch lange nicht in Sicht. (inwu)