Selbst verbockt

Sigmar Gabriel und Alexander Dobrindt wollen den Kommunen keine Möglichkeit einräumen, flexibel über partielle Fahrverbote zu entscheiden. Das schadet in letzter Konsequenz auch den Autofahrern.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 1 Kommentar lesen
Lesezeit: 3 Min.

Es ist schon grotesk, wie sehr sich die Herren Dobrindt und Gabriel dagegen sperren, aus dem Offensichtlichen Konsequenzen zu ziehen. Die Sachlage: Seit 2010 gilt ein EU-weiter Grenzwert von 40 Mikrogramm NOx pro Kubikmeter Luft. Und dieser Grenzwert wird seitdem regelmäßig und zum Teil heftig überschritten. Die Städte verlieren reihenweise Prozesse vor Gericht, ihnen drohen hohe Strafzahlungen. Die EU-Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Und trotzdem blockieren Gabriel und Dobrindt alle Möglichkeiten der Kommunen, aus dieser Nummer wieder herauszukommen.

Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat nun ein Gesetz vorgeschlagen, das den Kommunen verschiedene Optionen bieten soll, Verkehr aus den Innenstädten herauszuhalten: Etwa durch eine spezielle Plakette für saubere Autos, oder durch partielle Fahrverbote, zum Beispiel abwechselnd für Wagen mit geraden und ungerade Kennzeichen. Ob, wann, wie und wo der Verkehr tatsächlich beschränkt wird, bliebe den Städten überlassen.

Doch schon dieser Mini-Vorstoß geht den beiden Bremsern zu weit. Man solle doch erst mal damit beginnen, den öffentlichen Nahverkehr auf schadstoffarme Motoren und Elektroantrieb umzustellen, zitiert Spiegel Online Sigmar Gabriel. „Das wäre mein Vorschlag, damit mal direkt anzufangen.“ Super Idee – aber die EU-Grenzwerte sind schon seit 2008 bekannt. Damals hieß der Bundesumweltminister: Sigmar Gabriel. Nichts hätte ihn damals daran gehindert, die richtigen Weichen zu stellen. Oder in seiner Eigenschaft als SPD-Vorsitzender. Oder seit seinem Wiedereinstieg in die Bundespolitik als Super-Minister 2013. Jetzt, wo den Kommunen die Stickoxide Oberkante Unterlippe stehen, auf die Idee zu kommen, sich für eine vernünftige Verkehrspolitik einzusetzen – das ist schon ein starkes Stück.

Das Gleiche gilt für CSU-Mann Alexander Dobrindt, dessen Job es eigentlich wäre, für sauberen Verkehr zu sorgen. Sein Haus setze „auf Elektromobilität in Innenstädten bei Bussen und Taxis oder beim Carsharing“, so Spiegel Online. Klingt gut, aber welche Maßnahmen hat er nun konkret im Kopf? Was genau berechtigt ihn zu der Annahme, damit jetzt in Kürze etwas erreichen zu können, woran die Politik seit fast zehn Jahren regelmäßig gescheitert ist?

Zudem argumentiert das Bundesverkehrsministerium laut Spiegel Online, die Kommunen hätten ja bereits jetzt die Möglichkeiten, Autos mit hohem Stickoxidausstoß aus den Innenstädten herauszuhalten. Mag ja sein, aber durch undifferenzierte Total-Fahrverbote. Würde Gerichte die Städte zu solchen Verboten zwingen, wäre das der Worst Case für Städte und die Autofahrer. Dobrindt hofft wohl, dass sich deren Wut dann vor allem gegen EU und Kommunen richten würde. Dabei hat er es selbst verbockt. (grh)