Kohlendioxid zu Backpulver

Eine Erfolgsmeldung für die Anhänger sauberer Kohle: Ein Kraftwerk in Südindien fängt das bei der Stromerzeugung entstehende Kohlendioxid ein und wandelt es zu Backpulver um – ohne Subventionen.

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Von
  • Jamie Condliffe
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Die Bewohner der südindischen Stadt Tuticorin werden in Zukunft kaum noch Probleme mit schlecht aufgehendem Kuchen haben. Der Grund: Ein Kohlekraftwerk in dieser Gegend fängt Kohlendioxid ein und wandelt es in Backpulver um.

Verfahren für die Abscheidung von Kohlendioxid sind nicht grundsätzlich neu. Meistens wird dabei ein Lösungsmittel, üblicherweise ein Amin, eingesetzt, um Kohlendioxid zu binden und seine Freisetzung in der Atmosphäre zu verhindern. Anschließend kann das Gas entweder gespeichert oder verwendet werden.

Das System im Kraftwerk Tuticorin aber nutzt laut einem Bericht des Guardian ein neues proprietäres Lösungsmittel, entwickelt von dem Unternehmen Carbon Clean Solutions. Das Lösungsmittel soll etwas effizienter sein als die konventionell eingesetzten, weil es mit weniger Energie und kleineren Anlagen auskommt. Das eingefangene Kohlendioxid wird genutzt, um Backpulver herzustellen. Laut Carbon Clean Solutions können bei dem Kraftwerk pro Jahr 60.000 Tonnen Kohlendioxid eingefangen werden.

Laut den Betreibern reicht der kleine Effizienzgewinn gerade aus, um die Nutzung der Anlage ohne Subventionen wirtschaftlich zu machen. Tatsächlich soll das Kraftwerk das erste Beispiel für eine unsubventionierte Industrieanlage sein, die Kohlendioxid zur weiteren Verwendung einfängt.

Für die saubere Kohleindustrie ist das ein Hoffnungsschimmer. In den USA gab es hier zuletzt eine Reihe von Problemen, die gezeigt haben, dass Anlagen mit von vornherein integrierter Kohlendioxidabscheidung wirtschaftlich heikel sind. Zum Beispiel beim Kemper-Kohlekraftwerk in Mississippi: Anfangs sollte das Projekt 2,4 Milliarden Dollar kosten, inzwischen werden 7 Milliarden Dollar erwartet. Auch Peabody Energy zeigt die Probleme in dem Sektor: Der größte private Kohleproduzent der Welt musste im April 2016 nach einem langen Rückgang von Preisen und Nachfrage in den USA Insolvenz anmelden.

Doch das ist offensichtlich nur die eine Seite. Die Erfolge von nachträglich mit Abscheidungstechnik ausgerüsteten Systemen wie der W.A. Parish Generating Station in Texas und dem Kraftwerk in Tuticorin zeigen, dass sich Nachrüstungen zum Abscheiden von Kohlendioxid lohnen können.

Nach Prognosen von Bloomberg New Energy Finance könnte sich Strom bis 2025 mit Sonne billiger produzieren lassen als mit Kohle. Die zukünftige Rolle von Kohle in der Stromerzeugung dürfte also begrenzt sein. Doch in der Zwischenzeit ist es immerhin möglich, bestehende Kraftwerke sauberer zu machen – und ein paar leckere Kuchen damit zu backen.

(sma)