Autonome Autos lernen selbst

Techniken aus der Künstlichen Intelligenz, die etwa Computern beibringen, meisterhaft Go zu spielen, sollen bald auch bei selbstfahrenden Fahrzeugen verwendet werden.

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Von
  • Will Knight
Inhaltsverzeichnis

In den nächsten Monaten soll eine ungewöhnliche Flotte autonomer Fahrzeuge auf die Straße kommen. Im Gegensatz zu den bisherigen selbstfahrenden Autos, die programmiert wurden, mit alltäglichen Situationen im Straßenverkehr umzugehen, sind diese Vehikel selbstlernend: In Simulationen brachten sie sich zunächst selbst bei, komplexe Fahrsituationen sicher zu meistern.

Auf dem Lehrplan steht die Navigation durch vielbefahrene Kreuzungen, das Vorwärtskommen auf Autobahnen im Feierabendverkehr oder die Beherrschung komplizierter Kreisverkehre. Die Algorithmen sind davon inspiriert, wie Tiere lernen: Die sogenannte Reinforcement-Methode verbindet richtiges Verhalten mit einer virtuellen Belohnung.

Mobileye, die israelische Firma, deren Selbstfahrtechnik mittlerweile in immer mehr Fahrzeugen steckt, will für das Projekt mit dem deutschen Autohersteller BMW und dem Chipproduzenten Intel kooperieren. In der zweiten Jahreshälfte 2017 soll es losgehen.

Bei der Reinforcement-Methode ist der Code für das Fahren nicht fest implementiert und es gibt auch keine spezifischen Beispiele, aus denen gelernt werden könnte. Stattdessen verändert sich die Programmierung selbst durch Experimentieren, bei dem jenes Verhalten schließlich "gewinnt", das am verlässlichsten zu einem gewünschten Ergebnis führt. Beim automatisierten Fahren wäre das beispielsweise das fehlerfreie Einordnen in einen Kreisverkehr oder das sanfte und unfallfreie Auffahren auf eine Autobahn. Die Technik erweist sich bereits in anderen Bereichen als nützlich – insbesondere dann, wenn es zu schwierig wird, Rechnern alle möglichen Reaktionsarten einzuprogrammieren. Ein Beispiel ist Googles quasi unschlagbare Go-Spielemaschine Alpha Go.

James Maddox, Direktor des American Center for Mobility, einer Nonprofit-Organisation, die an der Entwicklung von Standards für vernetztes und automatisiertes Fahren arbeitet, meint, die größte Herausforderung für solche Technologien sei die Interaktion mit menschlichen Fahrern. Diese Systeme müssten "nicht nur aus der Erfahrung des Fahrzeugs lernen, sondern auch aus der Erfahrung anderer Fahrer".

Mobileye entwickelt auch eine Plattform, die es verschiedenen Autoherstellern erlauben soll, die von ihren automatisierten Fahrzeugen gesammelten Daten untereinander zu teilen. Ein leichterer Zugriff auf solche Informationen könnte für den Fortschritt der Technik von großer Bedeutung sein, meint Maddox.

Autonome Fahrzeuge waren auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas Anfang Januar ein wichtiges Thema. So zeigte etwa Toyota ein selbstfahrendes Konzeptauto, das einen virtuellen Assistenten enthielt. Der Chipproduzent Nvidia präsentierte ein mächtiges neues System-on-a-Chip-System, das speziell für autonome Autos gedacht ist. Der Autozulieferer Delphi demonstrierte wiederum einen Audi, der dank Mobileye-Hardware autonom unterwegs sein kann.

Die israelische Firma arbeitet schon seit längerem an ihrem Selbstlernsystem. Shai Shalev-Shwartz, Vizepräsident für Technologie, erklärte im Dezember auf einer KI-Konferenz in Barcelona, die Reinforcement-Methode sei ein Weg, selbstfahrenden Vehikeln subtilere Fahrtechniken zu vermitteln. Er demonstrierte eine Simulation einer solchen Situation: Ein Auto, das an einem High-Way-Kreuz mit der Tatsache zurechtkommen musste, dass eine Handvoll Fahrzeuge in gegenläufiger Richtung gleichzeitig auffuhren. "Wir müssen eine Balance zwischen defensivem und aggressivem Verhalten finden."

Ist das Auto zu defensiv unterwegs, kommt es nicht voran, ist es zu aggressiv, gibt es Unfälle. "Wir müssen das mit anderen Fahren aushandeln. Wir können nicht nur den Regeln folgen, wir müssen wissen, wann man Regeln auch brechen kann." (bsc)