Doppelbild-Studie

Die Hololens von Microsoft ist die erste wirkliche Mixed-Reality-Brille. Leider funktioniert sie noch nicht so, wie sie wirklich nützlich wäre.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Robert Thielicke

So klobig sie aussieht, so überraschend leicht trägt sich die Hololens auf dem Kopf. Die Brille erzeugt ein virtuelles Bild vor den Augen, ohne dadurch die wirkliche Welt komplett zu verdrängen, sie erschafft als erstes Gerät eine wirkliche Mixed Reality. Und die für diese Illusion nötige Rechenleistung spüre ich wider Erwarten nicht als Gewicht auf meinem Kopf.

Seit Oktober 2016 ist die Hololens in Deutschland erhältlich, allerdings nur als Entwicklerversion. Bei einem Preis je nach Ausstattung zwischen 3299 und 5489 Euro würde sich das Interesse auf dem freien Markt aber ohnehin in Grenzen halten. Ich habe die Brille beim österreichischen Start-up Holo-Light ausprobiert, das Anwendungsszenarien unter anderem für die Autoindustrie entwickelt und erprobt.

Nachdem ich sie aufgesetzt habe, sehe ich ein virtuelles Automodell in 3D. Ich kann herumgehen, Details vergrößern, Türen öffnen, hineinblicken. Der Computer im Brillengestell wird nicht einmal warm, während er die verschiedenen Blickwinkel errechnet. Bis zu einem gewissen Grad verschmelze ich tatsächlich mit der virtuellen Wirklichkeit. Nicht einmal die seltsamen Gesten zur Steuerung der Hololens führen dazu, dass ich mir komisch vorkomme. Was bei einem normalen Computer beispielsweise der Mausklick, ist bei der Hololens das Heben und Senken eines Zeigefingers.

Will ich um das Modell herumgehen, kann ich ohne weiteren Befehl einfach loslaufen. Die Brille scannt die Umgebung, erstellt daraus ein virtuelles Modell des Raumes und kann so ohne weitere Ortungstechnik ihre Position bestimmen. Während der Umrundung wird jedoch klar, wo das derzeitige Problem der Hololens im Besonderen und von Mixed-Reality-Brillen im Allgemeinen liegt: Stünden irgendwelche Hindernisse in meinem Weg, ich würde sie nicht bemerken.

Der eine Grund ist das abgedunkelte Brillenglas sowie die Helligkeit des Bildes. Beides führt zwar dazu, dass das Motiv gut zu erkennen ist – dabei aber die Umgebung völlig in den Hintergrund tritt. Der zweite und deutlich wichtigere Grund: Das Gehirn spielt bei Mixed Reality in ihrer jetzigen Form nur begrenzt mit. Der Nutzer kann sich nicht gleichzeitig auf das eingeblendete Motiv und die Welt um ihn herum konzentrieren.

Dass die Grafik pixeliger ist als im Werbematerial von Microsoft und der Bildausschnitt beinahe enttäuschend klein, ist vor diesem Hintergrund fast nebensächlich. Mit der Hololens habe ich zwar die Hände frei. Aber solange sich die eingeblendeten Inhalte nicht nahtlos in die Realität einfügen, wird daraus kein wirklicher Nutzen entstehen.

Um das Problem an einem der am häufigsten genannten Nutzungsszenarien aufzuzeigen: Kein Techniker wird in der Lage sein, sich den Konstruktionsplan einer Maschine anzuschauen und gleichzeitig die nötigen Reparatur-Handgriffe auszuführen. Erst wenn er die Handgriffe genau dort sieht, wo er sie tatsächlich ausführen muss, funktioniert es. Die Microsoft-Entwickler haben also noch eine entscheidende Aufgabe vor sich, bis die Hololens wirklich marktreif ist. (bsc)