Das zweite Verhängnis des Vinyls

Die Renaissance der Schallplatte deutet sich bereits seit einigen Jahren auf dem Musikmarkt an. Doch mit der gestiegenen Nachfrage kommt es zu einem Engpass in der Herstellungskette.

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Schon seit einiger Zeit scheint es um die Vinyl-Platte wieder gut bestellt zu sein. Das zeigt sich nicht nur an der fest eingerichteten Plattenecke im Multimedia-Kaufhaus oder dem zunehmend beliebter werdenden Record Store Day, der alljährlich im April stattfindet. Auch die nackten Zahlen weisen den Positiv-Trend des Vinyl-Marktes aus. Der Bundesverband Musikindustrie zählte 3,1 Millionen verkaufte Platten im Jahr 2016. Der Marktanteil stieg von 3,2 Prozent auf 4,5 Prozent – die Schallplatte ist damit zwar immer noch eine Nische, aber eine wachsende.

Zwar bin ich selbst (noch) weit davon entfernt, meine CD-Sammlung nochmal in der Vinyl-Variante nachzukaufen, dennoch kann ich die Platten-Nostalgie nachvollziehen: das schöne Zelebrieren beim Auflegen, den Plattenarm ansetzen und einfach mal ein Album ganz durchhören. Und aus Sicht der Plattenindustrie sind Platten nicht zuletzt der sicherste Kopierschutz.

Nur konsequent ist da, dass nun Sony Music ein altes Presswerk in Japan für die Massenproduktion wiederbeleben will. Dieser Schachzug macht ein Problem offenbar, das die Renaissance der Platte und dem größeren Absatz mit sich bringt: Allein in Deutschland soll es nur noch drei große Presswerke und damit begrenzt Pressmaschinen geben. Engpässe in der Produktion und längere Wartezeiten für das Pressen der Platten von Indie-Labels sind die Folge, wenn Aufträge von großen Plattenfirmen mit großen Stückzahlen bei den Presswerken einlaufen. Neben der fehlenden Hardware ist auch das Knowhow bei der Herstellung weitestgehend verloren. Der Vinyl-Platte wird damit die Umstellung von CD gewissermaßen ein zweites Mal zum Verhängnis, da die Betriebsstrukturen auf das Herstellen von CDs umgestellt wurden.

Dennoch ist Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Das zeigt das Beispiel der Firma Newbilt Machinery aus Alsdorf in der Nähe von Aachen. Dessen Gründer Erwin Neubauer hat Anfang vergangenen Jahres die erste neugebaute halbautomatische Presse verkauft. Abnehmer war ein Werk in Argentinien. Der ehemalige The White Stripes-Sänger Jack White gehört ebenfalls zu den Kunden von Newbilt. Das Unternehmen will außerdem auch vollautomatische Pressen anbieten. Daran arbeiten auch andere Firmen in Kanada und Schweden.

Und so könnte das Wiederaufleben der Platten auch für ein erneutes Aufblühen eines verkümmert geglaubten Zweigs der Musikproduktion sorgen – die erneute Produktion von Schallplattenpressen.

(jle)