Der etwas andere Nobelpreis

Die Wunderkräfte des Didgeridoos, der Zustand von Katzen und wie man am wenigsten Kaffee verschüttet: Der Ig-Nobelpreis schafft damit nicht nur Mut zum Scheitern, sondern fördert es auch, sich selbst als Forscher mal nicht ganz so ernst zu nehmen.

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Ende der vergangenen Woche war es wieder soweit: Das Sanders-Theater in der Harvard Universität wurde zum 27. Mal Schauplatz von kurioser Wissenschaft. Denn die Zeitschrift Annals of Improbable Research lud zur Preisverleihung ihres Ig-Nobelpreises. Das Schöne an dieser Veranstaltung ist, dass sich die ausgezeichneten Forscher dadurch nicht etwa "unwürdig" fühlen, wie es der Titel "ignoble" vermuten lassen könnte. Vielmehr trägt der Preis eine positive Konnotation und die Freude bei den Gewinnern ist echt – anders als etwa bei der "Goldenen Himbeere".

Auch in diesem Jahr ließen die seriösen (!) Forschungsarbeiten nichts an Originalität zu wünschen übrig, die – wie es das Motto vorschreibt – "zuerst zum Lachen, dann zum Nachdenken“ anregen sollen. Ganz wie bei der „Konkurrenz-Veranstaltung", der Nobelpreise, gibt es auch beim Ig-Nobelpreis verschiedene Kategorien. Die Physik-Auszeichnung erhielten Forscher aus Frankreich, Singapur und den USA, die herausfinden wollten, ob eine Katze fest und flüssig zugleich sein kann – Spoiler: Schwer zu sagen, weitere Forschung ist nötig.

Mit ihrer Forschung an der besonderen Atemtechnik beim Didgeridoo spielen und dessen Wirkung auf Schnarcher und Menschen mit Schlafapnoe zielte die Studie von Alex Suarez und seinen Kollegen. Suarez, selbst Schnarcher, stellte fest, dass das australische Instrument Linderung verschafft. Nicht nur bei ihm selbst, sondern auch anderen Betroffenen. Damit könnte also der Frieden in vielen Schlafzimmern dieser Welt wiederhergestellt werden. Kein Wunder, dass Suarez und sein Team den Friedens-Ig-Nobelpreis erhielten.

Dass Kontakt mit lebendigen Krokodilen vor dem Besuch eines Spielautomaten das Risikoverhalten eines Spielers in die Höhe treibt, haben Matthew Rockloff und Nancy Greer herausgefunden. Diese Erkenntnis sicherte ihnen den Preis für Ökonomie. Warum sich mit hoch-wissenschaftlichen Fragen beschäftigen, wenn doch die nahe liegenden Fragen noch unbeantwortet sind, das dachte sich wohl der Brite James Heathcote und zog los, um herauszufinden, warum und inwiefern die Ohren alter Männer wachsen. Die Antwort: Sie wachsen rund zwei Millimeter pro Jahrzehnt. Das ergab für Heathcote den Anatomie-Preis.

Mit Höhleninsekten beschäftigte sich eine Forschergruppe aus Japan, Brasilien und der Schweiz. Der Biologie-Ig-Nobelpreis ging an sie für die Erkenntnis, dass das Insekt Neotrogla (Psocodea: Prionoglarididae) in Brasilien sowohl über einen weiblichen Penis als auch über eine männliche Vagina verfügt. Der Preis für die Dynamik von Fluiden widmet sich einem der wohl für Forscher wichtigsten Getränke: dem Kaffee. Dank Jiwon Han wissen wir nun, dass wir am wenigsten davon verschütten, wenn wir den Becher von oben halten, geradeaus schauen und rückwärts laufen. Was wohl auf dem Speiseplan der Fledermausgattung des Kammzahnvampirs steht, haben sich Wissenschaftler aus Brasilien, Kanada und Spanien gefragt. Die schlüssige Antwort: menschliches Blut. Das beschert ihnen den Ernährungs-Ig-Preis.

Für den Medizin-Preis widmeten sich Forscher den MRT-Aufnahmen von Menschen, die Käse hassen. Sie zeigten auf, in welchem Ausmaß sich das auf den Aufnahmen verdeutlicht. Können sich eineiige Geschwister auf Fotos erkennen, wollten Matteo Martini und seine Kollegen wissen. Sie können es nicht, so ihr Ergebnis, das ihnen den Wahrnehmungs-Preis einbrachte. Der Preis für Geburtshilfe rundete die Veranstaltung ab. Er ging an eine spanische Forschergruppe, die feststellte, dass Babies eher im Mutterleib auf Musik reagieren, wenn diese durch die Vagina zu ihnen dringt als von der Bauchdecke.

Allen Forschern, die in diesem Jahr leer ausgingen, machte der Moderator des Abends, Marc Abraham, schließlich Mut: "An alle, die heute keine Auszeichnung gewonnen haben, und besonders an alle, die eine gewonnen haben: Mehr Glück im nächsten Jahr!". So wünscht man sich selbstironische Forschung.

(jle)