Besser als nichts

Frankreich konnte seine Lebensmittelverschwendung durch ein Gesetz erfolgreich reduzieren. Die deutsche Regierung scheint sich für solche Teilerfolge nicht recht zu interessieren.

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Von
  • Inge Wünnenberg

Nach Zahlen der United Nations erreichen etwa ein Drittel der weltweit erzeugten Nahrungsmittel die Menschen gar nicht erst oder werden ungenutzt weggeworfen. Das hat die Weltgemeinschaft dazu bewogen, sich unter den 2015 postulierten "Sustainable Development Goals" – den Entwicklungszielen – unter anderem vorzunehmen, bis 2030 die Menge der pro Kopf vergeudeten Lebensmittel zu halbieren. Doch ob Deutschland bei der Verfolgung dieses Ziels auf einem guten Weg ist, bleibt fraglich.

Immerhin hat die Bundesregierung bereits Ende 2012 mit "Beste Reste" eine App gegen Lebensmittelverschwendung gestartet, die mittlerweile 600.000 Mal runtergeladen wurde. Die Anwendung versorgt Verbraucher mit Ideen, was sie mit übriggebliebenen Nahrungsmitteln anfangen können. Die mittlerweile 340 Rezepte stammen unter anderem von Sterneköchen wie auch von prominenten Hobbyköchen. Trotzdem bleibt die Frage, wie effizient solch ein Angebot ist. Denn "Spiegel Online" zufolge werfen die Bundesbürger immer noch mehr als 80 Kilogramm Lebensmittel pro Kopf im Jahr weg.

Einen vielleicht etwas nachhaltigeren und umfassenderen Ansatz verfolgt das Bündnis "Wir retten Lebensmittel", das der amtierende bayerische Ernährungsminister Helmut Brunner 2015 ins Leben gerufen hat. Diese Initiative richtet sich nicht in erster Linie nur an den Verbraucher, sondern bindet etwa Erzeuger, die verarbeitende Industrie, Handel, aber auch die Gastronomie mit ein. Die zahlreichen anvisierten Maßnahmen der Partner reichen von Aufklärung, angefangen bei Schülern, über die Einbindung von karitativen Organisationen bis hin zu Strategien zur Vermeidung von Lebensmittelverlusten. Die Beteiligung indes ist freiwillig.

Deshalb sollte darüber nachgedacht werden, ob nicht ein Vorstoß, wie ihn Frankreich und Italien längst unternommen haben, sinnvoll wäre. Sie verpflichteten Supermärkte per Gesetz, Lebensmittel zu spenden statt wegzuwerfen. Davon inspiriert, brachte dem Magazin "enorm" zufolge, die nordrhein-westfälische Landesregierung Anfang 2017 im Bundesrat einen eigenen Entwurf ein: Die Bundesregierung sollte dazu gebracht werden, ein Gesetz zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung zu entwickeln. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt lehnte die Initiative jedoch rundheraus ab. "Der Großteil unserer Lebensmittelabfälle entsteht in den Privathaushalten, da können wir mit einem Gesetz nichts erreichen", sagte der CSU-Politiker.

Das ist ein billiges Argument. Frankreich hat mit seinen Maßnahmen einiges erreicht: Nicht nur die Supermärkte geben nicht verkaufte Lebensmittel weiter – auch Restaurants ab einer bestimmten Größe sind verpflichtet, übrig gebliebenes Essen zu recycln. Das Trug dem Land der Webseite "freshplaza" zufolge den ersten Platz beim Food Sustainability Index (FSI) ein: "Frankreich hat am stärksten in Bezug auf Lebensmittelverlust und Verschwendung abgeschnitten."

In Deutschland entfällt zwar, da hat Minister Schmidt durchaus Recht, laut einer Studie der Stuttgarter Universität von 2012 mit 61 Prozent der Großteil jener elf Millionen Tonnen weggeworfenen Lebensmittel auf die Privathaushalte. Andererseits sind damit immerhin noch für 39 Prozent die Großverbraucher (17 Prozent), die Industrie (17 Prozent) und der Handel (5 Prozent) verantwortlich. Und ließe sich hier nur ein Teil der Verschwendung auffangen, wäre das doch immerhin mehr als nichts. (inwu)