Themenmolekül: Das Perpetuum Mobile der Forschung

Glasers gesammelte Linkwolke aus der Welt der Wissenschaft und Technologie: Diesmal unter anderem mit dem letzten Flug zum Mond, den Labors der Kongressbibliothek und der Geburt des Groschenromans.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Peter Glaser

Auf meinen Expeditionen durch das Netz finde ich immer wieder bemerkenswerte Informations-Atome, die sich im Lauf der Zeit zu Themenmolekülen verbinden. Gelegentlich möchte ich an dieser Stelle solche Link-Gravitationswolken aus der Welt der fröhlichen Wissenschaft und Technologie vorlegen.

Apollo 17 in Real-Time ist eine beeindruckende interaktive Website, die es ermöglicht, anhand von Archivmaterial die bislang letzten Reise zum Mond nachzuvollziehen. Die Mission startete am 7. Dezember 1972 mit den Astronauten Eugene Cernan, Ron Evans und Harrison Schmitt an Bord – der erste Nachtstart seit Beginn der bemannten Raumfahrt. Der Autor Ben Feist hat vier Jahre daran gearbeitet, Material zusammenzutragen, um diese Site zu erstellen, unter anderem Radiosendungen, Tausende von Fotos und über 22 Stunden Film. Man kann die gesamte Radiosendung hören, die die Mission begleitete (insgesamt über 300 Stunden) und gleichzeitig Fotos und Filmaufnehmen erkunden, die synchron zu der Audio-Erzählung laufen. Zur Funkkommunikation zwischen der Raumfähre und der Bodenstation kann man das Transkript oder Kommentare lesen, die einen hilfreichen Kontext zu den Vorgängen bieten, und über eine Zeitleiste oben auf der Seite kann man zu den verschiedenen Punkten der Mission springen.

Rosen sind rot / Und Bromothymol ist blau: Ein Liebesgedicht.

Alle haben Laboratorien, also hat die amerikanische Kongressbibliothek jetzt auch welche – die Library of Congress Labs, "ein Ort, um Innovationen mit digitalen Sammlungen zu fördern." Die Labs sind als ein Raum gedacht, in dem gemeinsam an Online-Projekten gearbeitet werden kann, digitale Werkzeuge und Visualisierungen geteilt werden und digitale Initiativen die Sammlungen der Kongressbibliothek nutzen können. Ausführlich vorgestellt wird beispielsweise Beyond Words, ein Crowdsourcing-Transkriptionsprojekt, das sich auf Zeitungen aus dem Ersten Weltkrieg konzentriert. Das Projekt lädt dazu ein, Illustrationen und Fotografien aus Zeitungen zu transkribieren. Der Bereich Library of Congress for Robots bietet Downloads, Software, Anwendungsprogrammierschnittstellen (APIs) und Lernprogramme und auf dem "Signal"-Blog Informationen über neue digitale Projekte auch anderer Institutionen.

Ein immerwährender Antrieb, gewissermaßen das Perpetuum Mobile der Forschung: wissenschaftliche Neugier. Hier nochmal in massenhafter Form.

Das PsyArt Journal ist ein wissenschaftliches Online-Magazin, das sich dem psychologische Studium der Künste widmet. Die Zeitschrift, die seit 1997 erscheint, wird von Samir Dayal, einem Professor für Englisch und Medienwissenschaften an der Bentley University in Massachusetts, herausgegeben. Der Redaktionsausschuss besteht aus einem interdisziplinären Team von Wissenschaftlern, darunter Literaturwissenschaftler, Filmexperten, Psychoanalytiker und Philosophen. Zu den jüngeren Veröffentlichungen gehören eine Analyse von Shakespeares Hamlet, ein Artikel über tiefenpsychologische Bilder im Film und eine Verteidigung der psychoanalytischen Literaturkritik.

Das Solarhaus von 1949.

Die Geburt des Groschenromans: In den 1940er und 1950er Jahren wurde die Verlagsbranche in den Vereinigten Staaten als auch in Großbritannien durch die Einführung von Taschenbüchern für den Massenmarkt radikal verändert. Zwei Jahrzehnte lang war es nicht weiter ungewöhnlich, von der Kritik gefeierte, waschechte Literatur in Drahtgestellen neben Büchern mit Titeln wie "Kiss Me, Deadly" oder "Exit for a Dame" zu verkaufen. In einem Essay im "New Yorker" verfolgt Louis Menand die Ära der Groschenromane alias Pulp Fiction und zeigt, wie das Ringen darum, die Titel zu regulieren respektive zu verbieten, letztlich die Praktiken der Verlagsbranche veränderten. Dieser tiefgehende Aufsatz gibt einen Einblick sowohl in die Geschichte des Lesens im 20. Jahrhundert als auch in die Geschichte der Zensurdebatten.

Und eine schöne, gefrorene Blase.

(bsc)