Neuer Microsoft-Vorstoß gegen Open Source

Für einige Aufregung bereits im Vorfeld hat eine Rede gesorgt, die Craig Mundie, Vizepräsident und Software-Analyst bei Microsoft, heute an der Stern School of Business der New York University halten will.

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Von
  • Oliver Diedrich

Für einige Aufregung bereits im Vorfeld hat eine Rede gesorgt, die Craig Mundie, Vizpräsident und Software-Analyst bei Microsoft, heute an der Stern School of Business der New York University halten will. Wie die New York Times berichtet, will Mundie in seinem Vortrag die Argumente von Windows-Chef Jim Allchin vertiefen, der Open Source zunächst als Gefahr für die Software-Entwicklung dargestellt hatte, jedoch wenige Tage später von Microsoft als missverstanden dargestellt wurde.

Nach Informationen der New York Times will Mundie dabei eine zweigleisige Argumentation fahren. Auf der einen Seite bezeichne er Open Source als Gefahr für das geistige Eigentum und das Software-Geschäft. In einem Interview mit der New York Times gesteht Mundie zu, dass die wachsende Popularität von Open Source für Microsoft in der Tat ein Problem ist.

Andererseits habe Microsoft das Open-Source-Modell doch schon längst adaptiert, so Mundie: Großen Kunden und Forschungsinstituten gewähre Microsoft schließlich Einblick in seine Quelltexte. Laut Mundie repräsentiere diese "Shared-Source Philosophie" den besten Aspekt von Open Source, nämlich den Community-Gedanken. Dass die zentrale Forderung sowohl von Open Source als auch von Freier Software in der Erlaubnis besteht, die Quelltexte zu modifizieren und weiterzugeben, fällt dabei geflissentlich unter den Tisch.

Wie schon bei Allchin soll auch bei Mundie die GNU General Public License (GPL) und ihr Zwang zur Offenlegung von (nach dem Microsoftschen Open-Source-Verständnis sowieso verbotener) abgeleiteter Software im Zentrum der Kritik stehen. Auch vor stürmischen Gewässern scheint Mundie keine Angst zu haben, wenn er proprietäre Software als effektiveren Weg zur Unterstützung für Standards propagiert. Dass er gegenüber der New York Times ausgerechnet die Zersplitterung von Unix als Beispiel für die Gefahren von Open Source zitiert, dürfte aber eher nach hinten losgehen: Schließlich setzte die erst so richtig ein, als immer mehr Unternehmen ihre eigenen, proprietären Unix-Versionen auf den Markt brachten.

Noch bevor Mundie seine Rede überhaupt gehalten hat, gibt es schon Reaktionen aus der Open-Source-Gemeinde. Eric S. Raymond bezeichnete Mundies Ausführungen bereits als neues Beispiel für Microsofts FUD-Strategie: Der Software-Riese wolle lediglich Angst, Unsicherheit und Zweifel (Fear, Uncertainty, Doubt) an einem für die eigenen Geschäftspläne gefährlichen Phänomen wecken. Dabei operiere Microsoft mit Halbwahrheiten, indem das Unternehmen beispielsweise seine Kritik am "Copyleft" der GPL stillschweigend auf jegliche Open Source übertrage. Die Existenz anderer verbreiteter Open-Source-Lizenzen ohne diese Einschränkung – etwa die BSD-Lizenz – bleibe dabei außen vor. Bei der Frage der Standards ignoriere Microsoft erfolgreiche offene Standards wie die Internet-Protokolle. Raymond wirft Microsoft vor, offene Standards gezielt zu unterlaufen. (odi)