Huawei P20 Pro: 40 Megapixel und Dreifach-Kamera für bessere Fotos

Mehr Kameras gleich bessere Fotos? Huaweis P20 Pro fotografiert mit drei Kameras gleichzeitig und soll mit KI-Hilfe für jede Situation gerüstet sein. P20 und P20 lite bekommen nur zwei Knipsen und Leica hat auch wieder seine Finger mit im Spiel.

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Huawei P20 Pro: 40 Megapixel und Dreifach-Kamera für bessere Fotos
Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Hannes A. Czerulla
Inhaltsverzeichnis

Für Smartphone-Kameras gilt offensichtlich das gleiche wie für Rasierklingen: Man kann nie genug davon haben. Mit dem neuen High-End-Telefon Huawei P20 Pro, das am Montag in Paris vorgestellt wurde, stößt der chinesische Hersteller in neue Regionen vor und baut gleich drei Hauptkameras ein. Die ebenfalls neuen Schwestermodelle P20 und P20 lite müssen mit weniger Foto-Power auskommen; bei der Lite-Version hat Huawei darüber hinaus auch an der weiteren Hardware gespart.

Beim Huawei P20 Pro handelt es sich um drei höchst unterschiedliche Knipsen: Mit 40 Megapixel nimmt die RGB-Kamera die höchste Auflösung auf, der Schwarz-Weiß-Sensor erfasst 20 Megapixel, die dritte Telekamera 8 Megapixel. Für die meisten Aufnahmen werden die Fotos aller drei Kameras kombiniert und auf 10 Megapixel heruntergerechnet. Die "Light Fusion" getaufte Technik soll durch die Kombination mehrerer Bildpunkte weniger Rauschen und höhere Kontraste produzieren.

Die RGB-Kamera liefert die Grundlage fürs Bild, die Schwarz-Weiß-Aufnahme dient vor allem dazu, weitere Kontrastinformationen einzubringen. Aus dem Telebild werden vor allem Tiefeninformationen entnommen und beispielsweise für einen Bokeh-Effekt bei Portraitaufnahmen verwendet. Im Profimodus der Kamera-App lassen sich die Kameras aber auch einzeln verwenden und so kann man beispielsweise echte Schwarz-Weiß-Aufnahmen anfertigen.

Huawei P20 Pro (11 Bilder)

Rein optisch handelt es sich bei der 8-MP-Telekamera um ein Dreifach-Zoom. Laut Hersteller entsprechen die Brennweiten der beiden Farbkameras somit 27 beziehungsweise 80 Millimeter Kleinbild-Äquivalent. Allerdings zoomt die Kamera auf bis zu 5-fach per sogenanntem Hybridzoom, der etwa 130 Millimetern entspricht. Dabei wird der optische Zoom mit einem Digitalzoom kombiniert. An sich ist das nichts besonderes, doch Huawei behauptet, dass man die Bilder qualitativ kaum noch von rein optisch gezoomten Fotos unterscheiden könne.

P20 und P20 Pro nehmen außerdem Super-Zeitlupen-Videos mit 960 fps und 720p-Auflösung auf. Gefilmt werden nur 0,2 Sekunden Echtzeit, die dann auf 6 Sekunden mit 30 fps gedehnt werden. Das sind exakt die Werte, die auch Sonys Kameramodul ausmachen – unter anderem sitzt das im Samsung Galaxy S9. Huawei betont jedoch, dass es sich um eine Eigenentwicklung handele. Außerdem komme das System ohne speziellen Highspeed-Speicher aus. Hintergrund ist, dass der im Smartphone verbaute RAM und Flash-Speicher als zu langsam gilt, um die Bilderflut einer Superzeitlupe schnell genug abzuspeichern. Aus diesem Grund baut Sony zusätzlichen Spezialspeicher direkt in den Kamerasensor.

Das P20 und P20 lite müssen auf die dritte Kamera verzichten und arbeiten stattdessen nur mit einer monochrom- und einer RGB-Kamera mit Smartphone-üblichem Weitwinkel. Die Blenden betragen beim P20 F1.6 beziehungsweise F1.8. Auf den Kameras des P20 und des P20 Pro prangt wie bei den Vorgängermodellen der Schriftzug des Traditionsherstellers Leica. Zumindest war dieser an der Entwicklung der Kameras beteiligt. Die Sensoren stammen aus anderen Quellen und für die Herstellung der Optiken in solcher Anzahl wie es für die Smartphones nötig wäre, hat Leica nicht die nötigen Fertigungskapazitäten.

Technisch weniger begabten Nutzern will Huawei per künstlicher Intelligenz beim Fotografieren unter die Arme greifen. Der hauseigene SoC Kirin 970 hat dafür sogar einen eigenen Co-Prozessor (NPU). Wie beim Huawei Mate 10 Pro geht es unter anderem darum, Motive und Situationen selbstständig zu identifizieren und entsprechende Kameraeinstellungen vorzunehmen. Beim Mate 10 Pro waren die Fähigkeiten noch stark begrenzt und das System erkannte nicht mehr als eine Hand voll Objekte wie Tiere und Autos, und das auch nur unzuverlässig.

Die Palette an bekannten Szenen und Motiven hat Huawei beim P20 und P20 Pro stark erweitert und es sollen nun unter anderem auch Lebensmittel, Text, Close-ups und Strandszenen erkannt werden. Auch einen künstlichen Horizont blendet die Kamera-App nun ein, wenn die KI der Meinung ist, dass dies sinnvoll sei.

Auch die digitale Bildstabilisierung soll die sogenannte künstliche Intelligenz massiv verbessern, indem sie Bewegungen des Fotografen voraus ahnt. Bis zu acht Sekunden lang soll man ein Foto aus der Hand in der Dunkelheit belichten können, ohne dass das Ergebnis verwackelt und unscharf wird. Normalerweise gelten schon schon Belichtungen von Sekundenbruchteilen als unhaltbar. Einen echten optischen Stabilisator besitzt nur das Teleobjektiv des Pro-Modells.

In einem Versuchsaufbau von Huawei konnten wir bereits die KI-Stabilisierung mit dem P20 Pro testen. Es handelte es sich um einen fast vollkommen abgedunkelten Raum. Fotografiert wurde im Stehen aus der Hand. Das Foto war mehr als brauchbar, zeigte keine Schlieren oder auffällige Unschärfen. Selbstverständlich handelte es sich um ein statisches Motiv. Auch Videos stabilisiert die KI, doch nur in Full-HD und mit 30 fps.

Eigentlich handelt es sich bei dem Einschnitt – englisch "notch" – auf dem Display des iPhone X um einen technischen Kompromiss, da die nötigen Sensoren und Kameras auf einem randlosen Bildschirm nirgends anders hin können. Einige Android-Hersteller verstehen die Kerbe aber wohl eher als modisches Detail und so hat auch Huawei seine Geräte damit ausgestattet. Der Einschnitt fällt kürzer als bei Apple aus und beinhaltet unter anderem die Frontkamera. In den Systemeinstellungen lässt er sich auch "ausblenden". Das System legt dann einfach einen schwarzen Streifen an die obere Bildschirmkante, sodass der Einschnitt nicht mehr auffällt.

Anders als beim iPhone befindet sich bei den P20-Modellen am unteren Display-Ende noch ein dünner schwarzer Rand. Beim P20 und P20 Pro sitzt dort der Fingerabdrucksensor. Auf Wunsch kann man die drei Android-Tasten auf dem Display ausblenden und sie stattdessen mit Wischbewegungen auf dem Fingerabdrucksensor ersetzen. Beim P20 lite bleibt der untere Display-Rand ungenutzt und der Fingerabdrucksensor befindet sich auf der Gehäuserückseite.

Abgesehen von den Kameras unterscheiden sich P20 und P20 Pro vor allem in ihrer Größe und den Displays: Das P20 hat ein 5,8 Zoll großes LCD, das Pro-Modell ein 6,1 Zoll großes OLED-Display. Die Auflösung von 2240 × 1080 ist wie auch beim P20 lite die gleiche. Dadurch entsteht das ungewöhnliche Seitenverhältnis von 18,7:9. Doch rechnet man nach, ergibt das durchaus Sinn. Zieht man nämlich die Bildzeilen ab, die vom Notch unterbrochen werden, bleibt noch ein Verhältnis von 18:9 oder 2:1. In diesem Verhältnis lassen sich gleichzeitig die Android-Tasten einblenden und 16:9-Inhalte in Vollbild anzeigen.

Einen Speicherkarten-Slot haben weder P20 noch P20 Pro. Dafür sind stets 128 GByte interner Speicher eingebaut, was den meisten Nutzern genügen dürfte. Die lite-Version hat nur 64 GByte, nimmt aber MicroSDXC-Karten auf. Das P20 lite ist in fast allen Hardware-Belangen beschnitten. Seine Vorgänger punkteten aber durch ein vorbildliches Preis-/Leistungsverhältnis und sind entsprechend bis heute beliebt.

Das P20 Pro ist mit 900 Euro mit Abstand das teuerste der drei Modelle, es folgt das P20 für 650 Euro und das P20 lite für 370 Euro. Erfahrungsgemäß fallen die Preise der Huawei-Smartphones recht zügig und deutlich, sodass man sich mit dem Kauf noch etwas gedulden sollte.

Modell P20 P20 Pro P20 lite
Android-Version / Bedienoberfläche 8.1 / EMUI 8.1 8.0 / EMUI 8.1
Display 5, 8" LCD 18,7:9 6,1" OLED 18,7:9 5,84" LCD 18,7:9
Display-Auflösung 2240 x 1080
Kameraauflösung (monochrom / RGB / Tele) 12 MP / 20 MP / - 20 MP / 40 MP / 8 MP - / 16 MP / 2 MP (nur Bokeh)
Frontkamera 24 MP 16 MP
Prozessor / Kerne Krin 970 / 4 x 2,36 GHz + 4 x 1,8 GHz Kirin 659 / 4 x 2,36 GHz + 4 x 1,7 GHz
RAM 4 GByte 6 GByte 4 GByte
Flash-Speicher 128 GByte 64 GByte
Akku 3400 mAh 4000 mAh 3000 mAh
USB-Anschluss Typ-C
LTE Cat. 18 Cat. 6
WLAN 802.11 a/b/g/n/ac MU-MIMO
Bluetooth 4.2
Standortbestimmung GPS, Glonass
Schutzklasse - IP67 -
Maße 150 mm x 71 mm x 8 mm 155 mm x 74 mm x 8 mm 149 mm x 71 mm x 7 mm
Gewicht 155 g 174 g 145 g
Preis 650 € 900 € 370 €

(hcz)