Sofortbildkamera mit Extras: Polaroid OneStep+ im Test

Außen retro, innen modern: Polaroids Sofortbildkamera OneStep+ kommuniziert jetzt mit dem Smartphone. Ein Plus für kreativen Spielraum.

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Von
  • Christine Bruns
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OneStep+, so heißt das jüngste Mitglied der Sofortkamerafamilie von Polaroid. Optisch kann es seine Familienzugehörigkeit nicht verstecken und auch die Aufnahme funktioniert wie immer: Motiv im Sucher einstellen, Auslöser drücken. Vorn kommt dann ein Bildchen raus, das einige Minuten braucht, bis es fertig entwickelt und zu erkennen ist. Und wenn der Fotograf Glück hat, sieht es auch so ähnlich aus, wie er sich das vorgestellt hat.

c't Fotografie 1/2019

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Doch die OneStep+ besitzt einige Extras, schließlich hängt da ein Plus am Namen. Sie verbindet sich per Bluetooth mit einer Smartphone-App. Darüber lässt sich die Kamera nicht nur steuern, es stehen auch erweiterte Fotomodi, wie Doppelbelichtung oder Light-Painting, zur Verfügung. Außerdem fotografiert die App Fotos ab, speichert sie, lädt sie in die Cloud und steht dem Fotografen mit vielen Ratschlägen in Magazin- und Videoform zur Seite.

Die Kamera hat wie bereits ihre Vorgängerin, die OneStep2, einen integrierten Akku, der sich via Micro-USB-Kabel laden lässt. Beide benötigen im Gegensatz zu allen älteren Polaroid-Sofortbildkameras keine Filmkassetten mit integrierten Batterien. Das macht nicht nur die Filme etwas günstiger, sondern schont auch die Umwelt, sofern man das bei den Chemiebildchen behaupten kann. Oben auf der Kamera ist eine LED-Anzeige mit acht Punkten, jeder Punkt steht für ein Bild in der Kassette. Damit hat der Fotograf immer vor Augen, wie viele Bilder er noch aufnehmen kann.

Polaroid OneStep+: Einfache Bedienung (4 Bilder)

Die Taste mit dem Plus hat mehrere Funktionen. Sie zeigt an, ob Bluetooth aktiviert und die Kamera darüber mit der Smartphone-App verbunden ist. Außerdem kann der Fotograf auch den Akkuladestand prüfen, wenn er die Taste beim Einschalten der Kamera betätigt und dann auf die LED-Anzeige auf der Oberseite der Kamera sieht.

Lightpainting-Menü in der App

Auch diese beiden Modi sind neu. Einige Fujifilm Instax-Kameras bieten sie schon länger an, Polaroid zieht jetzt nach. Natürlich muss man zugutehalten, dass Fujifilm einige Jahre Vorsprung hat. Die zwei Polaroid-Insolvenzen, der Wiederaufbau der Firma und die Neuentwicklung der Filme haben Ressourcen gebunden, die Fujifilm für Innovationen nutzen konnte.

Bei Double Exposure handelt es sich tatsächlich um zwei Belichtungen auf einem Bild. Wer mehr möchte, muss manuell fotografieren. In der App löst der Fotograf einmal aus, sucht dann das zweite Motiv und löst nochmal aus. Fertig.

Lightpainting arbeitet über Bulb. Der Fotograf löst aus, die Kamera belichtet, der Fotograf drückt den Auslöser in der App erneut und die Aufnahme ist beendet. Das Foto wird ausgeworfen. Was zwischen den beiden Auslösungen geschieht, ist der Kreativität des Einzelnen überlassen. Lightpainting-Equipment kann man kaufen oder auch selbst bauen. Auch hier sind Ideen gefragt. Alle, denen selbst nichts einfällt, können über einen digitalen Button in der App die Taschenlampe des Smartphones aktivieren. Zumindest für erste Versuche ist sie eine gute Variante.

Sechs Modi bietet die OneStep+ um auszulösen.

Die App zur OneStep+ bietet insgesamt sechs Möglichkeiten an, mit denen der Fotograf Bilder aufnehmen kann. Dazu gehört eine einfache Fernauslösung per Knopfdruck auf dem Touchscreen, genauso auch eine per Zeitverzögerung, die sogar zwischen null und zwölf Sekunden einstellbar ist. Ein Noise Trigger startet die Aufnahme durch ein lautes Geräusch. Das funktioniert, kann aber verzögert geschehen. Beispielsweise bei Sprungfotos ist dann statt des Sprungs die Landung auf dem Bild zu sehen.

Zusätzlich bietet die Kamera neue Funktionen, die bisher nicht oder nur mit kleinen Tricks möglich waren. Dazu zählt der manuelle Modus, bei dem Fotografen ihre Kamera innerhalb der möglichen Parameter selbst einstellen. Belichtungszeiten von 30 Sekunden bis 1/125 Sekunde stehen zur Wahl, dazu Bulb. Die OneStep+ erlaubt sechs Blendenabstufungen zwischen f/12 und f/64. Der Blitz kann hier sogar deaktiviert werden und der Fotograf legt fest, ob das Bild nach der Aufnahme ausgeworfen wird oder ob er beliebig oft mehrfach belichten will. Eine Anzeige am oberen Rand des Einstellfeldes in der App zeigt, ob nach Belichtungsmessung der Kamera die Aufnahme richtig, über- oder unterbelichtet ist.

In der App will Polaroid die Fotografen auch inspirieren - mit Beitragen, Videos und Beispielbildern.

Nein, die OneStep+ ist keine Hybridkamera – die Fotos kommen trotzdem per "Scanner"-Funktion digital aufs Smartphone. Die App nutzt die Kamera des Phones, was ähnlich funktioniert wie ein QR-Code-Reader. Die Software erkennt den Rahmen des Polaroids, entzerrt das Bild und schneidet die Aufnahme zurecht. Probleme gibt es vor allem durch die Rundungen des physischen Bildes, wenn es nicht plan aufliegt. Etwas nachbessern kann der Nutzer durch ein Zuschneidetool und eines um Verzerrungen horizontal und vertikal zu korrigieren. Werden die digitalisierten Fotos in der App abgespeichert, landen sie unter My Photos. Wer will, legt sie an anderen Speicherorten oder in der Cloud ab.

Eine nette Idee von Polaroid ist der Reiter Inspiration. Dort zeigen Künstler, Musiker und Fotografen, was sie mit Polaroids so aufnehmen und wie sie sie nutzen. Es sind Videos, Magazinbeiträge, Beispielbilder zu finden – auch zu den einzelnen Fotomodi. Dazu gibt es Tipps zur Nutzung und Pflege der Kameras.

Die OneStep+ setzt auf grundsätzlich Bewährtes und erfindet die Sofortbildfotografie nicht neu. Für Polaroid Originals ist die App-Steuerung revolutionär, sonst aber schon gängige Praxis. Die App wird wie üblich über den App- oder Play-Store installiert, ist gut zu bedienen, selbsterklärend und nett anzuschauen. Knallige Farben, flippige Bilder und ein stylisches Layout sprechen eindeutig eine jugendliche Zielgruppe an. Mit einem Preis von 160 Euro ist die Kamera ein gutes Geschenk oder auch mal vom Taschengeld finanzierbar. Was ins Geld geht, sind die Filme für 16 Euro pro Packung à acht Aufnahmen, also zwei Euro pro Bild. Da überlegt man sich schon, ob man abdrückt.

Die OneStep+ erweitert das Repertoire der Polaroidkameras um Lightpainting (1), Doppelbelichtung (2 u. 4) und eine Porträteinstellung (3).

Was bleibt, ist der Spaß, den es macht, die Bildchen aufzunehmen und dabei zuzusehen, wie sie sich entwickeln. Es ist immer wieder eine kleine Überraschung, denn keine Aufnahme ist wie die andere. Nie ist ein Foto so, wie man es sich vorstellt. Das macht eben der Reiz von Sofortbildern aus, der den Hype am Laufen hält und Bildern wieder Bedeutung beimisst. Sie sind nicht als Massenware digital ohne nachzudenken aufgenommen, sondern man investiert etwas, so begründet Polaroid-CEO Oskar Smolokowski die Faszination der kleinen Bildchen im weißen Rahmen. Und wirklich: Wir hatten viel Spaß bei unserem kleinen Fotoshooting für diesen Test. Die OneStep+ gibt dazu mehr Raum und ist ein gutes Werkzeug für Enthusiasten, Experimentierfreudige und Kreative.

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(cbr) (ssi)