3D-Fahndung: Polizei zeigt Täter als Avatar am Tatort

Das Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz nutzt eine Animation, um Tathergänge zu rekonstruieren. Die patentierte Visualisierungsform ist bundesweit einmalig.

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«Oculus Rift»

Bei ihren Ermittlungen setzen Polizeibeamte des Landeskriminalamts Rheinland-Pfalz auf 3-D-Technik - in Zukunft möglicherweise auch mit VR-Brillen.

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Ira Schaible
  • dpa
Inhaltsverzeichnis

Um Tathergänge visuell und virtuell zu rekonstruieren, nutzt das Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz eine Animation, bei der Täter und Zeugen als Figuren im Raum platziert werden. Am virtuell nachempfundenen Original-Tatort wird aus dem Phantombild eines Mörders ein Avatar. Auch den Blickwinkel der Zeugin auf das Verbrechen zeigt die 3-D-Animation auf dem Bildschirm. Was konnte die Frau von draußen durch das Fenster sehen, und was blieb ihr verborgen? Um dies zu beantworten, werden die Hauswände sowie Dächer am PC transparent – oder der Blick auf den Tatort in den ersten Stock des Nachbarhauses verlegt.

Die Visualisierung, bei der im Einzelfall ausschlaggebende Ermittlungsansätze gefunden werden können, sei dem Landeskriminalamt (LKA) bundesweit erstmals gelungen, sagte der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) bei der Vorstellung am Montag in Mainz. "Wir nähern uns der vollständigen visuellen Tatrekonstruktion", sagte LKA-Chef Johannes Kunz.

Auf die Software für diese mehrperspektivische Darstellung des Täters hat Uwe Kinn (45), der seit 23 Jahren Phantombildzeichner beim LKA ist, nach eigenen Angaben sogar ein Patent angemeldet. Dass allerdings staatliche Institutionen oder deren Mitarbeiter, deren Vorhaben aus öffentlichen Mitteln finanziert werden, auf solche Software bzw. Visualisierungs-Techniken Patente anmelden, dürfte allerdings nicht nur in der Open-Source-Szene Fragen aufwerfen.

Von einem Phantombild bis zum 3-D-Avatar vergingen etwa 12 bis 24 Stunden, sagte Kinn. Dies sei gerade nach Terror-Lagen hilfreich bei für die Fahndung. "Wir sind in ein Feld vorgestoßen, das den Ermittlern bislang gefehlt hat."

Der visuelle 3-D-Eindruck habe bereits bei Gerichtsprozessen dazu geführt, dass Missverständnisse vermieden und die Perspektive erweitert werden konnte, sagte Kinn. Wichtig dabei sei auch die sogenannte Zeitlinie. Denn sie gebe ein Gefühl für den Ablauf des Verbrechens. "Sie zeigt, wie lang eine Minute sein kann, wenn verschiedene Sachen parallel laufen."

Sowohl der Stand der Ermittlungen als auch Hypothesen ließen sich in 3-D überprüfen. Potenzielle Täter etwa würden gelb eingefärbt. Die Darstellung des Tatorts basiert auf lasergenauen Vermessungen des Originalschauplatzes. Die 360-Grad-Animation könne die Position der Zeugen stärken, aber auch ganz neue Fragen aufwerfen, erklärt er.

Der nächste technische Schritt sind nach Einschätzung der Ermittler VR-Brillen. Damit könne der Tatort und das Verbrechen auch im Gericht eins zu eins erfahrbar gemacht werden.

Bei der Enttarnung falscher Identitäten ist die Polizei in Rheinland-Pfalz auch weiter gekommen. Nach einem gut einjährigen Pilotprojekt mit Dokumentprüfgeräten seien 45 dieser Maschinen angeschafft worden, 25 weitere sollen folgen. Alle Polizeipräsidien sowie die Wasser- und die Bereitschaftspolizei seien damit ausgestattet. Damit sei Rheinland-Pfalz zusammen mit Bayern und Hessen in der bundesweiten Spitzengruppe, sagte Lewentz.

Bei dem Pilotprojekt seien rund 13500 Dokumente geprüft worden, 231 davon seien als verdächtig erkannt und letztlich 173 als gefälscht entlarvt worden, berichtete das LKA. Zehn Sekunden dauert die Prüfung eines Ausweises mit den Geräten. Die Zahl gefälschter Dokumente nehme ständig zu und gut gefälschte Papiere könnten mit bloßem Auge nicht mehr erkannt werden.

In einem neuen Pilotprojekt sollen Polizisten ab dem Sommer auf ihren Dienst-Smartphones eine App zur Dokumentenprüfung testen. Einzelheiten sind in der Vorbereitung. ()