Bundeskartellamt: Facebook soll angehäufte Daten entbündeln

Das Bundeskartellamt konstatiert Facebook eine marktbeherrschende Stellung und geht gegen die Zusammenführungen von gesammelten Daten vor.

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Kartellamt untersagt Facebook Datensammlung auf fremden Websites

(Bild: sitthiphong/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Torsten Kleinz

Paukenschlag in Bonn: Die deutschen Wettbewerbshüter fordern, dass Facebook sein Geschäftsmodell fundamental ändert. Der US-Konzern hat ein Jahr Zeit, die Datensammlung umzustellen, teilte das Bundeskartellamt am Donnerstag mit.

Facebook soll die Daten aus unterschiedlichen Plattformen nur noch zusammenführen dürfen, wenn die Nutzer zustimmen. Wie die Behörde in Bonn erklärte, kam das Amt nach einer dreijährigen Prüfung zu dem Ergebnis, dass der US-Konzern seine Marktmacht missbrauche, um Daten seiner Nutzer zu sammeln.

Kartellamtschef Andreas Mundt

(Bild: Torsten Kleinz)

"Die Nutzer haben keine Wahl, ob die der Datensammlung zustimmen oder nicht", begründete Behördenchef Andreas Mundt in Bonn die Entscheidung des Bundeskartellamts. In Zukunft soll Facebook seinen Mitgliedern eine explizite Wahl lassen, ob die Daten, die auf Facebook.com, anderen Diensten wie WhatsApp und Websites mit integriertem Facebook-Plugin gesammelt wurden, wieder unter der einheitlichen Facebook-ID zusammengeführt werden dürfen.

Facebook soll nun innerhalb von vier Monaten ein Konzept vorlegen, wie es künftig bei der Zusammenführung von Daten vorgehen wolle – innerhalb eines Jahres soll das neue Regime dann umgesetzt werden. Das Kartellamt zeigte sich optimistisch, dass Facebook sich der Entscheidung der Behörde beugen werde. "Ich bin sicher, dass sich viele Wettbewerbsbehörden dieses Verfahren sehr genau ansehen werden", sagte Mundt. Zudem könne seien Behörde Bußgelder bis zu zehn Millionen Euro verhängen, die auch monatlich verhängt werden könnten, wenn sich Facebook dauerhaft weigere den Vorgaben der Behörde nachzukommen.

Der Behördenchef sparte nicht mit Kritik am Geschäftsmodell von Facebook. "Diese Unternehmen überziehen uns mit einer neuen wirtschaftlichen Ordnung", begründet Mundt seinen derzeitigen Fokus auf Internetunternehmen. Über Lock-In und Netzwerkeffekte haben Facebook in den vergangenen Jahren einen gewaltigen Datenschatz angehäuft, der dem Nutzer keine Wahl lasse, den Facebook-Account stillzulegen, ohne eine Einschränkung wahrzunehmen. Nach einer Marktuntersuchung des Bundeskartellamts habe Facebook auch in Deutschland eine marktbeherrschende Stellung – andere soziale Netzwerke wie LinkedIn, Xing oder YouTube befriedigten andere Bedürfnisse und seien deshalb hier nicht relevant.

Bei seiner Entscheidung stützt sich das Bundeskartellamt im Wesentlichen auch auf die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). So habe die Behörde keine Rechtfertigung gefunden, warum Facebook in dem heutigen Ausmaß Nutzerdaten sammeln könne. Mundt wehrte sich dabei gegen den Vorwurf, dass die Wettbewerbsbehörde ihre Kompetenzen überschreite. "Wie bitte soll ein Datenschützer prüfen, ob eine Einwilligung freiwillig ist oder nicht freiwillig ist, weil das Unternehmen marktbeherrschend ist?", erklärte der Behördenchef.

[Update 07.02.2019 11:29]:

Facebook hat in einer ersten Reaktion angekündigt, gegen die Entscheidung Rechtsmittel einlegen zu wollen. So warf das Unternehmen der Behörde vor, die marktbeherrschende Stellung falsch diagnostiziert zu haben. "Wir haben in Deutschland einen harten Wettbewerb mit anderen Diensten, doch das Bundeskartellamt hält es für irrelevant, dass unsere Apps mit YouTube, Snapchat, Twitter und vielen anderen Wettbewerbern um die Aufmerksamkeit der Nutzer konkurrieren", erklärt Facebook.

Dem hält das Bundeskartellamt eigene Zahlen entgegen. So habe allein WhatsApp in Deutschland 40 bis 60 Millionen aktive Nutzer, Facebook selbst komme auf 23 Millionen Nutzer am Tag und 32 Millionen Nutzer pro Monat. "Es gibt kein soziales Netzwerk, das Facebook auch nur nahe kommt", begründet Mundt die Entscheidung. Damit stehe Facebook auch in der Pflicht, seine Angebote nicht unter unangemessenen Konditionen anzubieten. Angesichts der umfassenden Datenprofile sei dies aber nicht gewährleistet. Berichte über nachlassende Facebook-Nutzung könne seine Behörde nicht bestätigen, erklärte Mundt.

Dem Einwand Facebooks, dass sich das Unternehmen an die DSVGO halte, will die Behörde nicht folgen. Zwar könnten Nutzer inzwischen in den Facebook-Einstellungen personalisierte Werbung deaktivieren – dies ändere jedoch nichts an der umfassenden Datenerhebung. Etwa ein Drittel der mehr als 300-seitigen Entscheidung des Bundeskartellamts befassten sich mit den Details des Datenschutzrechts. Mit einer Pro-Forma-Zustimmung, die an die unbeschränkte Nutzung der Plattform gekoppelt ist, will es das Bundeskartellamt nicht bewenden lassen. Das Unternehmen müsse in seinem Konzept darlegen, in welcher Form es die Zustimmung künftig erheben werden.

Seit 2014 gibt es den "c't Shariff" mit datenschutzfreundlichen Social-Media-Buttons, die ihr Heimatportal erst kontaktieren, wenn der Besucher dem zustimmt:

(mho)