Vor fünf Jahren kaufte Facebook WhatsApp – wie geht es weiter?

Vor fünf Jahren übernahm Facebook den populären Messenger WhatsApp – eine kluge Entscheidung. Doch wie geht es künftig weiter? Werden die Dienste bald eins?

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5 Jahre WhatsApp-Übernahme durch Facebook: Wie geht es weiter mit dem Messenger?

Am 19. Februar 2014 kaufte Facebook den Messenger WhatsApp für 19 Milliarden Dollar.

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti
Inhaltsverzeichnis

Am heutigen Dienstag vor fünf Jahren übernahm Facebook den Instant-Messenger-Dienst WhatsApp für satte 19 Milliarden US-Dollar. Sehr viel Geld für eine kleine Messenger-App. Zwei Jahre zuvor hatte das soziale Netzwerk bereits den Bilderdienst Instagram für rund eine Milliarde Dollar übernommen. Zwei kluge Entscheidungen, wie sich herausstellte. Beide Dienste galten nämlich als gefährliche Konkurrenten für Facebook.

Im vergangenen Jahr verließen dann aber die Gründer von WhatsApp und Instagram ihre Unternehmen. Der Grund dafür könnte mit Facebooks Geschäftspolitik zu tun haben: Ziel ist es, die Chat-Infrastrukturen der drei großen Dienste miteinander zu verschmelzen. Milliarden Nutzer sollen damit direkt miteinander kommunizieren können, wobei die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung erhalten bleiben soll.

Noch ist "Whatstabook" aber nicht Realität. Allein die Übertragung der Nutzerdaten von WhatsApp zum Facebook-Konzern soll aus rechtlichen Gründen noch immer nicht komplett abgeschlossen sein. Es sind ja sehr viele Daten: In Deutschland sollen nach Schätzungen des Bundeskartellamts 23 Millionen Nutzer das soziale Netzwerk täglich verwenden; monatlich seien es sogar 32 Millionen Nutzer. WhatsApp ist wesentlich beliebter: 40 bis 60 Millionen Nutzer in Deutschland sollen den Messenger aktiv verwenden. Weltweit sind es unglaubliche 1,5 Milliarden Menschen. WhatsApp ist für viele längst Ersatz für Telefonate, persönliche Gespräche und E-Mails geworden. (Bei Instagram sind rund eine Milliarde Nutzer angemeldet, bei Facebook 2,2 Milliarden.)

Die Pläne von Facebook-Chef Mark Zuckerberg gehen in Richtung technische Fusion: Ende 2019 oder Anfang 2020 soll es so weit sein, berichtet die New York Times in Berufung auf vier Quellen. Eine offizielle Bestätigung der Fusionspläne gibt es von Facebook bislang nur indirekt. So heißt es, dass man über Wege nachdenke, "es Nutzern zu erleichtern, Verwandte und Freunde über Netzwerke hinweg zu erreichen". Facebook könnte damit die Nutzungszeiten in seinen Diensten verlängern und damit für Werbekunden interessanter werden. Wer länger in den Apps aktiv ist, kann schließlich auch mehr Anzeigen betrachten.

Noch ist WhatsApp werbefrei, weil deren Gründer Werbung hassten; das soll sich bald aber ändern, dann wird endlich Geld verdient. Die Marktplatz-Funktion von Facebook (die eBay Kleinanzeigen ähnelt) könnte überdies vom erweiterten Messaging-Dienst profitieren. Nicht zuletzt kann Facebook über die drei Dienste Nutzergruppen in verschiedenen Altersklassen ansprechen.

Für die Fusion der Dienste müssen vor allem rechtliche Fragen gelöst werden: So können Nutzer sich auf WhatsApp anonym anmelden, müssen jedoch eine Telefonnummer angeben. Auf Facebook hingegen müssen die Mitglieder ihren Klarnamen verwenden, Pseudonyme sind nicht erlaubt. Eine Fusionierung könnte also die pseudonyme Nutzung von WhatsApp beenden. Gleichzeitig wächst damit die Marktmacht von Facebook, weshalb es Nutzern immer schwerer fällt, sich vom Netzwerk zu verabschieden.

2017 hatte die für Wettbewerbspolitik zuständige Kommissarin Margrethe Vestager eine Geldbuße von 110 Millionen Euro gegen Facebook verhängt, da das Unternehmen während des Fusionskontrollverfahrens falsche Angaben gemacht hatte. Laut Facebook sei es 2014 technisch nicht möglich gewesen, die Facebook- und WhatsApp-Nutzerprofile automatisch abzugleichen. Gleichwohl war Facebook-Mitarbeitern eine solche Möglichkeit bekannt gewesen. Die Aussage hatte allerdings keinen Einfluss auf die Genehmigung der Fusion.

Dennoch stehen datenschutz- und wettbewerbsrechtliche Gründe gegen die Datenfusion. Zwar musste der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar, der diese Fusion gerichtlich für Nutzer in Deutschland untersagen ließ, die Zuständigkeit an seine irischen Kollegen abgeben. Die Iren haben ihre Position zu dem Fall noch nicht eindeutig geklärt und betonen vage, dass Facebook die Vorgaben der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) einhalten müsse.

Dafür hat sich das Bundeskartellamt der Sache angenommen: Es fordert von Facebook mit Verweis auf die DSGVO binnen eines Jahres eine Lösung zu finden, die Nutzern die Entscheidung über die Datenfusion überlässt. Sie sollen explizit und freiwillig wählen dürfen, ob ihre Daten, die auf Facebook gespeichert sind, mit anderen Diensten wie WhatsApp und Instagram unter einer einheitlichen Facebook-ID zusammengeführt werden dürfen. Stimmen sie der Fusion nicht zu, müssen die Dienste für sie weiterhin verwendbar sein. Betroffen sind auch die Daten von Webseiten und Apps anderer Betreiber, auf die Facebook über Schnittstellen zugreifen kann.

Bereits im Juni soll der Konzern der Kartellbehörde ein erstes Konzept für die innere Entflechtung vorlegen. Gegen die Entscheidung will er noch Beschwerde einreichen, womit er mindestens etwas Zeit gewinnen könnte. Politisch weht der Wind bereits in eine andere Richtung: So denken Abgeordnete von Union und SPD derzeit auch über eine äußere Entflechtung nach, nämlich die Interoperabilität von Messengern gesetzlich zu regeln, um den Lock-In-Effekt aufzuheben.

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(dbe)