Facebook: Künstliche Intelligenz erkannte Christchurch-Video nicht

Die KI, mit der Facebook Inhalte filtert, sei bei Videos des Christchurch-Massakers nicht angesprungen, weil es an Trainingsdaten für solche Inhalte mangele.

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(Bild: dpa, Julian Stratenschulte)

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Facebooks Software auf Basis künstlicher Intelligenz, die in Livestreams auf der Plattform unter anderem Gewalt erkennen soll, hat beim Video des Massakers von Christchurch nicht reagiert. "Um das zu erreichen, müssen wir unsere Systeme erst mit großen Mengen von Daten von genau solchen Inhalten versorgen – was schwierig ist, da solche Ereignisse dankenswerterweise selten sind", erklärte das Online-Netzwerk am Donnerstag.

Eine weitere Herausforderung für die Software sei, echte Gewalt von der Übertragung von Videospiel-Szenen zu unterscheiden. "Wenn unsere Systeme zum Beispiel bei tausenden Stunden von Livestreams aus Videospielen Alarm schlagen würden, könnten unsere Prüfer die wichtigen Videos aus der realen Welt verpassen", bei denen Facebook Helfer alarmieren könnte.

Der Attentäter, der am vergangenen Freitag 50 Menschen bei Angriffen auf zwei Moscheen im neuseeländischen Christchurch tötete, übertrug die Attacke in Echtzeit beim Dienst Facebook Live. Das Unternehmen bekräftigte frühere Angaben, wonach der 17-minütige Livestream von weniger als 200 Nutzern gesehen wurde und der erste Nutzerhinweis 12 Minuten nach dem Ende der Übertragung das Online-Netzwerk erreichte. Nach dem Ende eines Livestreams bleibt eine Aufzeichnung verfügbar.

Nach wie vor bleibt unklar, wie lange das ursprüngliche Video des Angreifers online war, bevor es von Facebook entfernt wurde. Das Online-Netzwerk erklärte, dass der Hinweis schneller bearbeitet worden wäre, wenn jemand das Video noch während des Livestreams gemeldet hätte. Das ursprüngliche Video sei rund 4000 Mal gesehen worden – zur späteren Verbreitung habe aber beigetragen, dass mehrere Nutzer Kopien bei anderen Diensten hochgeladen hätten. Facebooks Software blockierte in den ersten 24 Stunden zwar 1,2 Millionen Versuche, das Video erneut hochzuladen – ließ aber auch rund 300.000 Uploads durch. Das liege unter anderem daran, dass man es mit über 800 veränderten Varianten des Videos zu tun gehabt habe.

Nicht nur Facebook steht wegen des mangelnden Erfolgs bei der Unterdrückung des Christchurch-Videos unter Druck. Der US-Kongress hat bereits die Chefs von Facebook, Microsoft, Twitter und Youtube vor den Ausschuss für Heimatsicherheit des US-Unterhauses geladen und verlangt Erklärungen. Nächsten Mittwoch soll die Anhörung stattfinden. Die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern hatte Anfang der Woche die Digitalkonzerne aufgefordert, ihrer moralischen Verpflichtung nachzukommen. "Das darf kein Fall sein, in dem es allein um Profit geht, nicht um Verantwortung", sagte Ardern. (axk)