Zu Ihrer Sicherheit

Volvo: Fahruntüchtigkeitserkennung mit Notparkfunktion

Um Unfälle zu verhindern, will Volvo abgelenkte oder berauschte Fahrer vom Fahrzeug erkennen lassen. Kameras und andere Sensoren sollen dazu laufend den Zustand des Fahrers beobachten. Im Extremfall soll es abbremsen und vollautonom sicher parken

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 93 Kommentare lesen
Volvo 3 Bilder
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Florian Pillau

Um Unfälle zu verhindern, will Volvo abgelenkte oder berauschte Fahrer vom Fahrzeug erkennen lassen. Kameras und andere Sensoren sollen dazu laufend den Zustand des Fahrers beobachten. Falls dieser nicht auf Warnsignale reagiert oder ein Unfall droht, könnte das geplante System die Geschwindigkeit reduzieren, die Volvo on Call Einsatzzentrale benachrichtigen und im Extremfall sogar das Fahrzeug abbremsen und vollautonom sicher parken. Wenn auch Volvo das Wort „vollautonom” in diesem Zusammenhang nicht benutzt.

Schon nach vier Stunden Fahrt ohne Pause verlängert sich die Reaktionszeit um 50 Prozent, dabei verdoppelt sich das Unfallrisiko. Die Wirkungen von Medikamenten, Alkohol und anderen Rauschmitteln auf die Fahrtüchtigkeit haben zum Teil ähnliche Auswirkungen. Alle diese Faktoren werden vom Fahrer regelmäßig falsch eingeschätzt.

Volvo nennt „fehlende Lenkbewegungen über einen längeren Zeitraum, geschlossene Augen oder längere Zeit von der Straße abschweifende Blicke, das Fahren von Schlangenlinien sowie extrem lange Reaktionszeiten“ als von der Sensorik erkennbare Anzeichen für beeinträchtigte Fahrer.

Sensorfusion als Basis

Die Lenkbewegungserfassung ist Standard bei allen Fahrzeugen mit einem aktiv arbeitenden Spurhalteassistenten. Erkennt sie, dass der Fahrer über längere Zeit keinen Lenkimpuls gibt, wird serienmäßig eine optische und akustische Warnmeldung ausgegeben und der Fahrer aufgefordert, die Hände ans Lenkrad zu nehmen (bei Volvo heißt das „Lane Departure Warning“). Im Abgleich mit den Daten der Fahrbahn-Kameras kann damit auch Fahren in Schlangenlinien detektiert werden.

Der Müdigkeitsassistent von Mercedes erfasst seit 2009 neben Geschwindigkeit, Längs- und Querbeschleunigung und Lenkradbewegungen auch Blinker- und Pedalbetätigungen sowie äußere Einflüsse wie Seitenwind oder Fahrbahnunebenheiten. Dabei bezieht er ein individuelles Fahrerprofil ein. Abweichungen im Fahrerverhalten können von der Software schon in einer frühen Phase der Beeinträchtigung erkannt werden.

Modernen Autos fehlt zu einer umfassenden Erkennungsleistung in der Regel nur eine den Fahrer beobachtende Kamera und ein bisschen KI. Volvo will die zur Überwachung nötigen Kameras „Anfang der 2020er Jahre mit der nächsten Generation der von Volvo entwickelten, skalierbaren SPA2 Produkt-Architektur“ installieren. Über Zahl und deren Position im Innenraum wollte Volvo sich noch nicht äußern.

Eine kamerabasierte Fahrerüberwachung ist gleichwohl nichts Neues. Toyotas Müdigkeitsassistent erkennt seit 2006 die Lidschlagfrequenz mithilfe von Infrarot-Kameras. Ihre Auswertung kann dazu führen, dass das System den Fahrer zu einer Pause auffordert. Das System erfasst zudem die Blickrichtung des Fahrers. Ist der Blick in einer Gefahrensituation abgelenkt, warnt das System und bremst nötigenfalls den Wagen bis zum Stillstand.

Teilaspekte des Autonomen Fahrens

Die wesentliche Neuerung an Volvos System dürfte die Einbeziehung autonomer Fahrfunktionen sein, welche im Extremfall den Wagen rechts ranfahren und parken lassen sollen. Neben dem immer weiteren Ausbau der Assistenzfunktionen eine weitere Möglichkeit, Teilaspekte des Autonomen Fahrens vor seiner vollen Durchführbarkeit schon in den Verkehr zu bringen.

Volvo-Chef Håkon Samuelsson betont, man wolle mit den Vorschlägen vor allem zu einem Dialog anregen. „Wir können das Auto eingreifen lassen, wenn der Fahrer schlecht fährt”, sagt Samuelsson. „Doch die Frage ist, wie weit ein Autobauer Big Brother sein sollte.” (fpi)