Ricoh GR III im Test: APS-C-Kompaktkamera für die Straße

Die Ricoh GR ist eine analoge Legende. Doch auch die digitale Version genießt einen guten Ruf. Zu Recht? Das haben wir getestet.

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Ricoh GR III im Test: APS-C-Kompakte für die Straße
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Inhaltsverzeichnis

Lange Produktzyklen sind heute am Fotomarkt eher ungewöhnlich. Schon allein deshalb ist die neue Ricoh GR III eine Exotin, immerhin ließ sie vier Jahre auf sich warten. Doch die Kompaktkamera mit APS-C-Chip umweht auch der Hauch der analogen Legende Ricoh GR, die Fotografen für ihre hochwertige Festbrennweite feierten. An der hält Ricoh auch bei der digitalen Version in der dritten Generation fest.

Von der Vorgängerin Ricoh GR II setzt sich die GR III in Details ab. So erhöht sich die Auflösung von 16 auf 24 Megapixel und der Sensor lagert nun auf einer 3-Achsen-Bildstabilisierung. Die 18,3-Millimeter-Festbrennweite (28 Millimeter KB-äquivalent) mit Offenblende f/2.8 bietet jetzt einen Makrobereich und das rückseitige Display hört auf Touchbefehle. Allerdings büßt es an Auflösung ein: Statt 1,23 Millionen Pixel löst es nur noch 1,04 Millionen Pixel auf. Klappbar ist es immer noch nicht. Für eine 900-Euro-Kamera hätten wir uns zudem einen Sucher gewünscht. Aufnahmen in gleißendem Sonnenlicht verkommen mit dem starren Monitor definitiv zur Glückssache. Schade. Doch nicht nur beim Monitor hat Ricoh abgespeckt. Auch ein integrierer Blitz fehlt der Neuen.

Ricoh GR III in Bildern (4 Bilder)

Die Ricoh GR III gehört zur seltenen Spezies der APS-C-Kompaktkameras. Sie bietet eine Auflösung von 24 Megapixeln.
(Bild: Ricoh Imaging)


Konkurrenz rar, aber günstiger

Die Edelkompaktkamera-Konkurrenz mit APS-C-Chip ist rar gesät. Eine sticht aber bedrohlich heraus, ähnelt sie dem Ricoh-Modell doch vergleichsweise stark. Fujifilms XF10 steckt in einem ebenso kompakten Gehäuse und arbeitet mit einem APS-C-Sensor mit 24 Megapixeln sowie einer weitwinkeligen Festbrennweite. Sie kostet aber nur etwa die Hälfte der GR III, was sich unter anderem im Gehäusematerial niederschlägt. Statt auf Magnesium setzt Fujifilm lediglich auf Plastik. Auch eine Bildstabilisierung fehlt der Fujifilm XF10.

In einer Hinsicht ist sie aber überlegen: Das Fujifilm-Kraftwerk schafft 1700 mAh und damit auf etwa 330 Aufnahmen pro Akkuladung (Herstellerangabe). Der Akku der GR III kommt nur auf 1350 mAh und so nur auf magere 200 Bilder pro Ladung (Herstellerangabe).

Mehr zum Thema: Fujifilm XF10 im Test: edle Kompaktkamera unter 500 Euro

Die Ricoh fühlt sich trotz ihres Magnesiumgehäuses leichter an als der Plastikbomber XF10. Dank ihrer angerauten Oberfläche ist sie angenehm griffig und gleitet nicht so leicht aus der Hand. Grundsätzlich macht die Kompakte einen robusten Eindruck, allerdings war das Innenleben der Vierwege-Wippe unseres Testmodell lose, sodass die Piktogramme häufig schräg saßen. Ein wenig trübt das den robusten Eindruck, den die GR III eigentlich vermitteln will. Für 900 Euro sollte schon alles perfekt sitzen. Das Handling selbst beeinträchtigt dieser kleine Makel freilich nicht.

Insgesamt gestaltet Ricoh das Gehäuse der GR III übersichtlich. Wie die Fujifilm XF10 kommt sie mit wenigen Bedienelementen aus, setzt dabei aber andere Schwerpunkte als die Konkurrentin. So besitzt sie ganz klassisch die besagte Vierwege-Wippe, über die Fotografen unter anderem ISO-, Weißabgleich, Bild- und den Makro-Modus steuern können. Anders als die XF10-Konkurrentin kommt die GR III auf ihrem Moduswahlrad ohne Vollautomatik aus. Fotografen können lediglich zwischen den Automatiken P, A, S (TV) und M sowie drei Benutzermodi wählen, denen Sie individuelle Einstellungen zuweisen können.

Einen Fokus- oder Einstellring besitzt die GR III nicht. Dafür können Fotografen den Zierring um das Objektiv wechseln - neben der schwarzen Variante stehen eine blaue und eine silberne Version zur Verfügung. Da hätten wir doch lieber den Einstellring genommen.

(Bild: Ricoh)

So weit, so gewöhnlich. Das grundsätzliche Bedienkonzept werden routinierte Fotografen nach ein paar Aufnahmen verinnerlicht haben, doch die GR III hält auch ein paar Eigenheiten bereit. Ihr Objektiv besitzt beispielsweise kein Einstellrad, über das man bei Bedarf manuell fokussieren könnte. Das müssen Fotografen über eine Entfernungsskala auf dem Display sowie die Vierwege-Wippe erledigen – immerhin springen ihnen hier Autofokusvergrößerung und Kantenanhebung bei. Wirklich intuitiv und komfortabel ist das definitiv nicht. Die GR III ist eine Autofokuskamera und entsprechend hält sie vom Nachführ- bis zum Touch- über die gezielte Messfeldwahl allerhand Varianten bereit.

Wie die XF10 besitzt sie außerdem eine "Snap"-Funktion (Schnappschuss), die den Fokus auf eine vorher eingestellte Entfernung fixiert. Anders als bei der XF10 können Fotografen die Blendenöffnung dabei selbst festlegen. Die Entfernungsskala auf dem Display zeigt darüber hinaus an, wie weit sich die Schärfentiefe im Bild mit diesen Einstellungen erstrecken wird. Das hat Ricoh deutlich besser umgesetzt als Fujifilm. Gerade in der Street-Fotografie, bei der man flüchtige Momente nicht an den arbeitenden Autofokus verlieren möchte, ist das ein praktisches Feature. Tatsächlich gehört der Autofokus der GR III nicht zu den schnellsten. Im Labor haben wir eine Auslöseverzögerung von etwa 0,5 Sekunden gemessen und dabei war die Kompakte nicht übermäßig treffsicher.

[Update,29.04.: Auch mit dem Firmware-Update konnten wir unsere Autofokus-Messung bestätigen.]

Steuerung vom Smartphone

Wie die meisten aktuellen Kameras kommuniziert auch die GR III via Bluetooth und WLAN mit dem Smartphone – die passende App "Image Sync" von Ricoh Imaging (iOS und Android) vorausgesetzt. Das für die Kamera entsprechend nötige Firmware-Update, welches auch die Autofokus-Leistung der GR III verbessern soll, hat Ricoh kurz nach Ostern 2019 veröffentlicht.

Die Ricoh-App fällt in PlayStore (Android) und im AppStore (iOS) durch eine magere Zwei-Sterne-Bewertung auf, die offensichtlich Stabilitätsproblemen geschuldet ist. Tatsächlich ist die Anwendung (getestete Version 2.0.4) im Vergleich zu Konkurrenzprodukten weniger schick und ein deutsches Menü fehlte ganz. Aktuell können Fotografen über sie nur Bilder mit dem Smartphone via WLAN austauschen.

Bluetooth-Unterstützung und die Fernsteuerungsfunktion fehlten noch. Ricoh weist daraufhin, dass es daran arbeite und entschuldigte sich für die Unannehmlichkeiten: "The release timing of the version corresponding to other functions for GRIII will be announced in RICOH IMAGING website when it is fixed. We deeply apologize for the inconvenience caused." (Stand 25.4.) Hier hat der Hersteller also definitiv noch Nachholbedarf.

Die Ricoh-App "Image Sync" verbindet Smartphone und Kamera...

... das Update vom 23.4. kämpft noch mit eingeschränktem Funktionsumfang.

➤ Mehr zum Thema: APS-C-Kompaktkamera: Erste Bilder mit der Ricoh GR III im Praxistest

Die Rauschwerte der Ricoh GR III im Labor sind unauffällig. Sie startet bei niedrigster Empfindlichkeit von ISO 100 mit einem Visual Noise (VN) von 1,1. Der VN bezeichnet den subjektiven Rauscheindruck. Werte bis 0,8 stehen dabei für weitgehende Rauschfreiheit, Werte bis zwei für einen geringen, Werte bis drei für einen mäßig und Werte über drei für einen deutlich störenden Rauscheindruck. An der Zweier-Marke kratzt die Kompakte ab ISO 400, auf 3 steigt sie ab ISO 3200. Der Dynamikumfang liegt bei ISO 100 bei zehn Blendenstufen und damit auf dem Niveau aktueller Digitalkameras.

Ricoh GR III: ISO-Empfindlichkeit (12 Bilder)

c't Testszene im Überblick

In unseren Praxisaufnahmen spiegeln sich die Messwerte sehr schön wider. Tatsächlich können wir bereits in den ISO 100-Aufnahmen eine ganz feine Körnigkeit erkennen, die sich im Verlauf in den schattigen Bereichen unserer Testszene verstärkt. Details und Strukturen arbeitet die Kamera dennoch sehr schön plastisch und vor allem natürlich heraus. Das macht sie fast schon besser als die Fujifilm XF10. Erfreulich ist, dass Ricoh auch im weiteren Verlauf nur sehr behutsam auf Rauschreduzierung setzt, sodass beispielsweise die Holzmaserung unserer c't-Testszene auch bei ISO 1600 noch vergleichsweise fein durchgezeichnet wird.

100-Prozent-Ausschnitt aus der c't Testszene bei ISO 3200

links: Ricoh GR III
rechts Fujifilm XF10

Ab ISO 3200 wird der Bildlook auffällig grobkörniger, was nun deutlicher zulasten der Detailauflösung geht, zudem mischen sich die ersten Farbartefakte ins Bild. Für eine Bildschirm-füllende Darstellung geht aber auch noch ISO 6400 in Ordnung, das in der 1:1-Ansicht schon unnatürlich flau und zerfasert wirkt.

Objektiv zentral tadellos

Das Ricoh-Objektiv verhält sich ganz ähnlich wie die Festbrennweite der Fujifilm XF10. Schon bei Offenblende vermag es die zentrale Auflösung der GR III zentral voll auszuschöpfen, was 2000 Linienpaaren pro Bildhöhe (Lp/Bh) entspricht. Die Randbereiche bleiben allerdings um etwa 20 Prozent zurück. Abblenden bringt die Bildbereiche nicht deutlich zusammen wie unser Diagramm zeigt.

Auflösungsleistung der Ricoh GR III in Linienpaaren pro Bildhöhe (Lp/Bh) über die einzelnen Blendenstufen hinweg.

Das Auflösungsdefizit bei Offenblende macht sich in einer weicheren Bildwirkung sowie durch eine sichtbare Randabschattung bemerkbar. Außerdem treten Farbsäume deutlich hervor. Abblenden lässt zumindest die Vignette verschwinden und bringt etwas mehr Klarheit in die Randbereiche.

Ricoh GR III – Praxisbilder (14 Bilder)

Trotz Weitwinkeloptik können Fotografen mit der Ricoh GR III Motive gut vor einem harmonischen Hintergrund freistellen.
Ricoh GR III | 18 mm | ISO 200 | f/2.8 | 1/200 s

(Bild: Peter Nonhoff-Arps)

Die Ricoh GR III ist eine grundsolide Kompaktkamera, die dank ihres APS-C-Sensors eine sehr gute Bildqualität liefert. Allerdings bleibt auch sie nicht ohne Makel und patzt in den Zwischentönen: Ihr Objektiv hat eine kleine Eckenschwäche, die Handhabung ist in den Details wie manuellem Fokussieren kompliziert, der Autofokus gehört nicht zu den Sprintern und der Akku hätte größer ausfallen dürfen. Fotografen zahlen angesichts dessen mit etwa 900 Euro einen sehr hohen Preis.

Fujifilms XF10 verfolgt ein ähnliches Konzept wie die GR III, allerdings kommt sie in einem günstigeren Plastikgehäuse. Dafür kostet sie weniger als 500 Euro. Wer ein etwas flexibleres hosentaschen-taugliches APS-C-Format mit Zoomobjektiv sucht, der wird derzeit bei Canons G1 X Mark III fündig, die ebenfalls in einer gehobenen Preisklasse spielt.

➤ Mehr zum Thema: Kaufberatung Kompaktkameras

(ssi)