Neues Material verhindert Beschlagen

Feine Wassertröpfchen auf Oberflächen können lästig sein – oder Autofahrern die Sicht nehmen. Mit einer neuartigen Metaoberfläche wollen Schweizer Forscher dieses Problem effektiv lösen.

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Neues Material verhindert Beschlagen

(Bild: Photo by Justin Cron on Unsplash)

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Wenn eine Brille beschlägt, ist das meist nur lästig, doch beschlagene Windschutzscheiben oder Helm-Visiere von Astronauten können tödliche Folgen haben. Autos und Raumanzüge haben deshalb eigene Klimasysteme, die ein Beschlagen aufheben oder verhindern sollen. Allerdings sind solche Systeme teuer, sperrig und nicht umweltfreundlich. Aus diesem Grund arbeiten Ingenieure und Materialwissenschaftler daran, auf effektivere Weise gegen beschlagene Scheiben vorzugehen.

Christopher Walker und Kollegen von der ETH Zürich haben dazu jetzt ein neues Material entwickelt, eine so genannte Metaoberfläche. Diese nimmt Strahlung von der Sonne auf und nutzt sie, um jegliche Kondensation aufzuheben oder von vornherein zu verhindern. Das Ergebnis ist eine effektive und relativ billige Methode für den Umgang mit dem hartnäckigen Problem.

Metaoberflächen sind künstlich erzeugte Materialien, deren Eigenschaften in der Natur nicht vorkommen. Häufig werden sie aus wiederholten Mustern kleinerer Einheiten wie Nanopartikeln zusammengesetzt.

Im aktuellen Fall entstand die Oberfläche, indem das Team Siliziumoxid mit Gold-Nanopartikeln bedeckte und mit einer Schicht Titandioxid versiegelte. Um mehrere Schichten zu schaffen, wurde dieser Prozess wiederholt.

Die Nanopartikel absorbieren einen Teil des auf die treffenden Sonnenlichts, sodass das Glas eine Tönung aufweist. Gleichzeitig heizen sich die Partikel auf, wodurch die Oberflächentemperatur des Glases um bis zu 10 Grad steigen kann. Diese Wärme verhindert entweder, dass Wasser kondensiert, oder sorgt dafür, dass es schnell wieder verdampft.

Eine wichtige Frage dabei ist, ob der Ansatz besser funktioniert als konventionelle Anti-Beschlag-Technologien. In den meisten Fällen wird Glas mit einem superhydrophilen oder superhydrophoben Material beschichtet. Dadurch wird Kondensation nicht verhindert, aber es hat Einfluss auf Form und Verhalten von entstehenden Wassertropfen, sodass oft ein kontinuierlicher Wasserfilm auf der Oberfläche entsteht.

Um ihre Metaoberfläche zu bewerten, verglichen die Schweizer Forscher sie mit unbeschichteten Oberflächen sowie mit superhydrophilen und superhydrophoben Materialien. Die Ergebnisse fielen überzeugend aus. Nach Angaben des Teams wurde die Kondensationsrate gegenüber anderen Materialien deutlich verringert und die Verdampfungsrate deutlich erhöht.

Weil die Gold-Nanopartikel durch eine Schicht Titanoxid geschützt sind, sind derartige Oberflächen zudem robust. „Wir glauben, dass diese Arbeit zu robusteren und verbesserten passiven Anti-Beschlag-Oberflächen führen wird“, schreibt das Team.

Die neue Metaoberfläche ist relativ leicht herzustellen, was den Weg zu einer Produktion im großen Maßstab auf einer großen Bandbreite von Trägermaterialien wie Glas oder Polymeren eröffnet. „Dieser Ansatz würde zu erheblichen Performancevorteilen bei Anwendungen wie Fenstern, Windschutzscheiben, Elektronik-Displays, Kameras, Spiegeln und Brillen führen“, schreiben Walker und Kollegen.

Natürlich nutzt das Material Sonnenlicht, was die Frage aufwirft, wie es im Dunklen funktioniert. Die Oberfläche könnte dann immer noch abgewischt oder mit frischer Luft gereinigt werden. Doch die Metaoberfläche lässt auch andere Mechanismen möglich erscheinen, beispielsweise mit künstlicher Beleuchtung.

In Zukunft könnte das Entfernen von Beschlag also einfach werden wie das Betätigen eines Lichtschalters.

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