US-Bann gegen Huawei: Widerspruch aus Deutschland und Europa

Nach dem der US-Präsident einen Bann gegen Huawei ausgesprochen hat, bemühen sich deutsche und europäische Vertreter um Mäßigung.

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Huawei

You Shall Not Pass: Auf die Straße in die Zukunft hat Donald Trump ein dickes Stoppschild gesetzt.

(Bild: heise online/vbr)

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Deutsche Branchenvertreter haben sich nach dem von den USA verhängten Handelsbeschränkungen für chinesische Telekommunikationstechnik für einen eigenständigen europäischen Kurs ausgesprochen. "Die EU muss souverän entscheiden, welche Marktakteure sie beim Aufbau der 5G-Netzinfrastruktur zulässt", erklärte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) am Donnerstag. "Europa darf sich nicht in den Handelskonflikt zwischen China und den USA ziehen lassen."

Am Mittwoch hatte US-Präsident Donald Trump den Telekommunikationssektor per Dekret zu einer sicherheitskritischen Branche erklärt und der Regierung weitreichende Möglichkeiten eingeräumt, den Handel mit ausländischen Ausrüstern einzuschränken. Das US-Handelsministerium hat zugleich angekündigt, den chinesischen Hersteller Huawei auf die Liste der Unternehmen zu setzen, mit denen nur mit Genehmigung der Regierung gehandelt werden darf. Hintergrund der schon einige Zeit vorbereiteten Entscheidung ist der US-Handelskrieg mit China, der zuletzt weiter eskaliert ist.

Mit dem Inkrafttreten des Dekrets und der Aufnahme Huaweis auf diese Liste dürfen US-Netzbetreiber keine Hardware mehr von dem chinesischen Ausrüster einsetzen. Die USA halten das chinesische Unternehmen für ein Sicherheitsrisiko und verdächtigen es, eng mit der Regierung in Peking zusammenzuarbeiten. Die US-Regierung hatte ihre Verbündeten wiederholt vor Spionageaktivitäten gewarnt, war Beweise für die Vorwürfe aber stets schuldig geblieben.

US-Sanktionen gegen Huawei

Auch hierzulande war Huawei, auf dessen Technik viele Netzbetreiber nicht nur für den Ausbau der 5G-Mobilfunknetze setzen, wegen der Vorwürfe aus den USA in die Diskussion geraten. Die deutschen Netzbetreiber wollen auf Huawei nicht verzichten und betonen die Bedeutung der Chinesen für einen schnellen Ausbau der 5G-Netze. Schließlich hatten sich die Bundesregierung wie auch die EU-Kommission auf einen eigenen Kurs verständigt, der auf mehr Kontrolle und Transparenz statt Verbot setzt. Die Bundesnetzagentur und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sollen dafür Sicherheitsanforderungen formulieren.

Der erste Entwurf dieses Sicherheitskataloges soll im Laufe des Sommers fertig sein, bestätigte der Präsident der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, am Donnerstag. Die neuen Regeln sollen dann für alle Anbieter gleichermaßen gelten: "Wer sie erfüllt ist dabei, egal wie das Unternehmen heißt." Der Chef der Regulierungsbehörde betonte erneut, dass der Bundesnetzagentur bisher keine Erkenntnisse über etwaige Vergehen Huaweis vorlägen: "Bislang haben wir nicht festgestellt, dass Huawei hier irgendetwas gemacht haben könnte, was sie nicht hätten machen dürfen", sagte Homann dem Nachrichtensender ntv.

Das Unternehmen selbst weist die Vorwürfe strikt zurück und zeigt sich kooperativ. Auch mit der US-Regierung will Huawei zusammenarbeiten. "Wir sind willens und bereit, mit der US-Regierung zusammenzuarbeiten und wirksame Maßnahmen zur Gewährleistung der Produktsicherheit zu treffen", teilte das Unternehmen am Donnerstag mit. "Durch die Einschränkung der Geschäftstätigkeit von Huawei in den USA werden die USA weder sicherer noch stärker" – eine Einschätzung, die auch US-Analysten teilen.

Der Bann betrifft nicht nur US-Netzbetreiber, die keine Huawei-Hardware mehr einsetzen dürfen – was die großen US-Mobilfunker ohnehin nicht machen. Huawei ist als Ausrüster in den USA nur bei einigen regionalen Carriern im Einsatz. Doch der Bann schlägt auch hart auf US-Unternehmen durch: Denn auch US-Unternehmen wie Intel oder Qualcomm, die Komponenten an Huawei verkaufen, müssen sich diese Geschäfte künftig genehmigen lassen.

Auch die Smartphones des Hersteller spielen auf dem US-Markt kaum eine Rolle. Dennoch trifft der Bann auch hier ein US-Unternehmen empfindlich: Google liefert sein Smartphone-Betriebssystem Android an Huawei. Der chinesische Hersteller ist auf dem weltweiten Smartphone-Markt derzeit die Nummer Drei und hat das klare Ziel, bald Apple an Nummer Zwei abzulösen. Huawei hat seinen Smartphone-Absatz im vergangenen Jahr um mehr als ein Drittel auf über 200 Millionen Geräte steigern können und setzt dieses Wachstum auch im laufenden Jahr fort.

Die Entscheidung der US-Regierung füge Huaweis US-Partnern "signifikanten wirtschaftlichen Schaden" zu und störe das Vertrauensverhältnis innerhalb der globalen Lieferkette der Branche, kritisiert ein Unternehmenssprecher. Huawei wolle nun sofort reagieren und versuchen, die Auswirkungen der US-Entscheidung abzufedern. Konkret wird das Unternehmen dabei nicht. Aber wie der Plan B im Smartphone-Bereich aussehen könnte, hatte der Hersteller früher schon verraten: Huawei hat eine Alternative zu Android in der Schublade.

Die Europäer zeigen sich abwartend. Am Donnerstag hat sich auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron dagegen ausgesprochen, den Huawei aus dem europäischen Markt auszuschließen. Huawei oder jegliche andere Firmen zu blockieren, sei keine Perspektive, sagte Macron am Donnerstag der Finanzagentur Bloomberg am Rande der Start-up- und Innovationsmesse VivaTech in Paris. "Frankreich und Europa sind pragmatisch und realistisch", betonte Macron. Gleichzeitig sei man aber extrem vorsichtig, wenn es darum gehe, die nationale Sicherheit, die Sicherheitsregeln und die europäische Souveränität zu bewahren. (vbr)