Datenschützer mit Bedenken zur Digitalisierung der Verwaltung

Behördengänge am Computer statt Warten im Amt? Fachleute fürchten, dass Mecklenburg-Vorpommern dafür deutlich länger braucht als von der Politik beschlossen.

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CeBIT

(Bild: dpa, Peter Steffen)

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  • dpa

In Mecklenburg-Vorpommern mehren sich die Zweifel, dass die angestrebte Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung sach- und fristgerecht umgesetzt werden kann. Nach Landesrechnungshof und Städtetag äußerte sich nun auch die Landesbehörde für Datenschutz kritisch zur bisherigen Arbeit der Landesregierung. Es sei nicht erkennbar, wie schon identifizierte datenschutzrechtliche Probleme gelöst werden sollen, sagte der stellvertretende Landesdatenschutzbeauftragte Gabriel Schulz.

Nach seinen Angaben ist die Verwendung des standardmäßigen Computer-Betriebssystems Windows 10 damit verbunden, dass vom Hersteller kontinuierlich Daten abgezogen werden. "Der Einsatz dieser Software in der Verwaltung ist nach unserer Auffassung nicht datenschutzkonform. Es müssten ständig Konfigurationen vorgenommen werden. Und das ist sehr aufwendig und teuer. Wir erkennen keine Strategie, wie die Landesregierung damit umgehen will", beklagte Schulz.

Probleme sieht der Datenschützer auch bei der vom Bund geplanten Modernisierung der Personenregister. Ziel sei, durch einmalige Eingabe der Kerndaten und zentrale Speicherung den Bürgern Mehrfachabfragen zu ersparen und unterschiedlichen Behörden bei Bedarf Zugang zu ermöglichen. "Die Schaffung eines solchen Kerndatenbestands und der Zugriff über einheitliche Personenkennzeichen müssen grundrechtskonform gestaltet sein. Sicherheit, Zweckbindung und Transparenz sind in jedem Falle zu gewährleisten", mahnte Schulz. Der Blick nach Österreich könne dabei hilfreich sein. Dort werde seit 15 Jahren ein funktionierendes System mit Personenkennziffern genutzt.

Das Online-Zugangsgesetz des Bundes sieht vor, dass spätestens von Ende 2022 an etwa 600 Verwaltungsdienstleistungen von den Bürgern via Internet erledigt werden können. In Mecklenburg-Vorpommern soll dazu bis Ende Juni das MV-Serviceportal online gehen. Darüber sollen erste Verwaltungsleistungen von Land, Kommunen und Zweckverbänden digital angeboten werden. Nach Angaben des Infrastrukturministers Christian Pegel (SPD) sollen unter anderem das An- und Abmelden von Gewerben, das Beantragen von Geburts- und Sterbeurkunden sowie das Anmelden von Versammlungen dazugehören.

Der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindetages, Andreas Wellmann, hatte dem Pegel-Ministerium mangelnde Koordination vorgeworfen. "Der früher bundesweit als vorbildlich empfundene gemeinsame Lenkungsausschuss zwischen Landesregierung und kommunalen Verbänden wird für Steuerungszwecke nicht mehr eingesetzt", beklagte Wellmann. Mecklenburg-Vorpommern drohe angesichts der erkennbaren Defizite das bundesweite Schlusslicht bei der Digitalisierung der Verwaltung zu werden. Andere Länder hätten zur Umsetzung des Online-Zugangsgesetzes Vereinbarungen mit den Kommunen geschlossen und stellten auch die notwendigen Mittel bereit. Dies finde im Nordosten so nicht statt.

Der Landesrechnungshof hatte in seinem jüngsten Jahresbericht ebenfalls den Stand der Verwaltungsdigitalisierung im Nordosten kritisiert. Dem Land fehle eine Strategie und das Ministerium lasse die nötige Führung vermissen. Von 575 Dienstleistungen der Behörden, die für die Bürger künftig per Internet nutzbar sein sollen, seien erst für etwa 20 die Voraussetzungen geschaffen.

Das Ministerium hatte die Kritik zurückgewiesen. Das Land habe eine digitale Agenda, die beschreibe, wie die Landesregierung den digitalen Wandel in Mecklenburg-Vorpommern gestalten wolle, erklärte eine Sprecherin. Wichtige Bausteine seien bereits vorhanden. (bme)