20 Jahre Counter-Strike: Von Half-Life-Mod und Killerspiel zum E-Sport-Phänomen

Vor 20 Jahren begann die Erfolgsgeschichte von Counter-Strike: Zunächst als Half-Life-Mod von Fans entwickelt, mauserte es sich zum prägenden E-Sport-Titel.

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20 Jahre Counter-Strike: Von Half-Life-Mod und Killerspiel zum E-Sport-Phänomen

Counter-Strike

(Bild: Valve)

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Inhaltsverzeichnis

Die Zeit um die Jahrtausendwende war eine goldene Ära für PC-Gamer. Spieler karrten ihre sperrigen Desktop-PCs in viel zu kleinen Autos zu Freunden in viel zu kleine Wohnungen – oder in Hallen mit viel zu vielen PCs. LAN-Partys waren ein elementarer Bestandteil der Gamer-Kultur – und einer deren wichtigster Treiber war das Spiel Counter-Strike. Dieses feiert am 19. Juni 2019 seinen 20. Geburtstag und wird noch immer in zahlreichen, fortgeschrittenen Versionen gespielt, gestreamt und gewertschätzt.

Wie so viele erfolgreiche Projekte startete Counter-Strike nicht als eigenständiges Spiel, sondern als Modifikation – und zwar des von Valve entwickelten Titels Half-Life, welcher mit seiner Einzelspielerkampagne spielerische und erzählerische Maßstäbe setzte, aber dessen Mehrspielermodus noch – sagen wir es vornehm – viel Luft nach oben ließ. Und so begab es sich, dass der Uni-Student Minh Le mit Hilfe von Jess A. Cliffe die Multiplayer-Mod "Counter Strike" aus dem Boden stampfte. Minh Le legte Wert auf eine für damalige Zeiten vergleichsweise realistische Darstellung und Mechanik von Waffen, inklusive passender Sounds, und verknüpfte diese mit einer Anti-Terror-Spielmechanik.

Counter-Strike Beta ließ sich 1999 als kostenlose Modifikation aus dem Netz herunterladen und entwickelte sich in schnellen, großen Schritten weiter. Rund sechs Monate nach dem ersten Release sahen die beiden Studenten, dass das Spiel deutlich mehr Interesse von Spielern auf sich zog, als sie es je erwartet hätten. Counter-Strike faszinierte nicht primär aufgrund seines Gunplays, sondern vor allem durch seine taktische Komponente. Um erfolgreich zu sein, mussten Spieler strategisch vorgehen, sich zusammenrotten oder an strategisch wichtigen Positionen warten. Letzteres – das sogenannte "Campen" – war effektiv, aber verpönt; "Camper" machte als Schimpfwort in nahezu jedem Counter-Strike Ingame-Chat die Runde.

Counter-Strike (13 Bilder)

Counter-Strike
(Bild: Valve)

Counter-Strike grenzte sich von vielen anderen Spielen der damaligen Zeit ab: Bestimmte Aktionen, etwa Kills und das Retten von Geiseln, füllten das Dollar-Konto auf und gewährten Zugriff auf noch stärkere Waffen und Schutzausrüstung. Wurde ein Spieler abgeschossen, wachte er nicht sofort in üblicher Deathmatch-Manier wieder am Startpunkt auf, sondern musste warten und zuschauen, bis die jeweilige Runde zu Ende war. Diese Mechaniken haben selbst nach 20 Jahren nichts von ihrer Attraktivität verloren und führen dazu, dass Counter-Strike noch immer zu den wichtigsten E-Sport-Titeln und den meistgestreamten Spielen zählt.

Nach den ersten fünf Betas wurde Valve auf den Erfolg von Counter-Strike aufmerksam und kam mit den Entwicklern in Kontakt. Valve erwarb sodann das geistige Eigentum an Counter-Strike und stellte Le und Cliffe ein, die fortan unter dem Dach des Half-Life-Entwicklers an Counter-Strike weiter arbeiteten. Im November 2000 erschien schließlich die 82 MByte große Version 1.0 von Counter-Strike 1.0.

Counter-Strike wurde in kurzer Zeit zu einem globalen E-Sport-Phänomen; seine Entwicklung nicht nur von Valve getrieben, sondern auch stark von dessen Community. Doch ein Problem war die große Heterogenität verschiedener Spielversionen – schließlich brauchten zum Zusammenspielen alle dieselbe. Dies sollte sich im Jahr 2003 verbessern, als Valve die Spiele-Plattform Steam einführte. Über Steam bot Valve einen Service an, Spiele in der Bibliothek automatisch zu aktualisieren – und das mit ausreichend schnellen Servern, was zu der damaligen Zeit keine Selbstverständlichkeit war. Das führte allerdings gleichsam zu großem Unmut unter den Spielern, denn separate Online-Services und womöglich Always-On-Zwang waren damals wesentlich verpönter, als sich Spieler das heute vorstellen können.

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Counter-Strike wurde also schnell groß – führte aber ebenso schnell und immer wieder zu gesellschaftspolitischen Diskussionen. Nach dem Schul-Massaker in Erfurt im April 2002 forderten einige Politiker, darunter der damalige Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) sowie Wolfgang Clement (SPD), ein Verbot von sogenannten Killerspielen – schließlich hatte der Amokläufer unter anderem auch Counter-Strike gespielt. Daraufhin zogen sich auch diverse Sponsoren von LAN-Partys zurück. Zahlreiche Spieler reagierten damals mit Kritik und Unverständnis. Eine Debatte, die sich auch in den kommenden Jahren mehrfach wiederholen sollte, populistische Politiker-Forderungen inklusive.

Counter-Strike: Source (5 Bilder)

Counter-Strike: Source brachte eine bessere Grafik auf Basis der Source-Engine, sorgte aber auch für Unmut unter fortgeschrittenen Spielern.
(Bild: Valve)

Im Jahr 2004 veröffentlichte Valve schließlich Counter-Strike: Source (CSS), das auf Basis der gleichnamigen 3D-Engine wesentlich schicker als die Vorgänger aussah, allerdings zu Beginn auf Ablehnung vieler Spieler von Counter-Strike 1.6 stieß. Erfahrene Spieler bemängelten Unregelmäßigkeiten im Gameplay sowie eine hohe Zahl von Cheatern – dies versuchte Valve durch sein Anti-Cheat-System VAC zu unterbinden. In der Konsequenz liefen Counter-Strike 1.6 als auch Counter-Strike:Source parallel weiter. Ironie der Geschichte: Heutzutage hat das originale Counter-Strike rund doppelt so viele Spieler wie CS:Source.

2012 erschien Counter-Strike: Global Offensive (CSGO). Die wichtigste Neuerung war automatisiertes Matchmaking, das Spieler mit ähnlichen Spielfertigkeiten (Skill) zusammenbringen sollte. Das sollte die Einstiegsbarrieren für Anfänger senken und das Spiel zugänglicher gestalten. Außerdem ließen sich Ingame-Waffenskins wählen und Community-Maps laden. Valve feilt seit dem Release beständig an CSGO. Im Dezember 2018 integrierte Valve einen Battle-Royale-Modus und machte das Spiel kostenfrei erhältlich, setzt bei der Monetarisierung allerdings voll auf kaufbare Ingame-Items sowie einen erwerbbaren Prime-Status.

Counter-Strike: Global Offensive (14 Bilder)

Counter-Strike: Global Offensive brachte automatisiertes Matchmaking und Ingame-Käufe.
(Bild: Valve)

Counter-Strike zählt in seinen verschiedenen Ausprägungen noch immer zu den erfolgreichsten Computerspielen der Geschichte. Das leicht erlernbare, aber schwer zu meisternde Spielprinzip mit kurzen Rundenzeiten lockt alltäglich immer noch hundertausende Spieler vor die Rechner. Im Mai 2019 wurde CSGO von bis zu 588.000 Spielern gleichzeitig gespielt, auf Twitch kommen rund 17 Millionen Follower hinzu, dazu häufig mehr als 100.000 gleichzeitige Zuschauer. Während Battle-Royale-Spiele wie Fortnite, Playerunknown's Battlegrounds und Apex weit mehr Spieler gleichzeitig bedienen, hält sich Counter-Strike dennoch wacker – als Fels in der Brandung traditioneller PC-Spiele.

Siehe dazu auch:

(mfi)