The Sinking City angespielt: Lovecraft Noire

Das Open-World-Detektivspiel The Sinking City schickt die Spieler auf Irrwegen in den Wahnsinn. Pate stand dabei der Horror-Autor H. P. Lovecraft.

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The Sinking City angespielt: Lovecraft Noire
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Andreas Müller
Inhaltsverzeichnis

Weniger Action, weniger Tempo, mehr Spurensuche – Entwickler Frogware hat das Detektivabenteuer The Sinking City mächtig gegen den Strich gebürstet. Die ukrainischen Entwickler wollen vieles anders machen und verlaufen sich dabei das ein oder andere Mal in den überfluteten Gassen einer amerikanischen Kleinstadt, die direkt aus den alptraumhaften Bilderwelten H. P. Lovecrafts stammen könnte.

Mitte der 20er Jahre landet der Detektiv und ehemalige Soldat Charles Reed in der Kleinstadt Oakmont. Hier hofft er auf Hilfe gegen seine Wahnvorstellungen, die ihn seit einem traumatischen Kriegserlebnis plagen. Doch in der Stadt gehen rätselhafte Dinge vor, seit eine Flutwelle viele Straßen überflutet hat: der Wahnsinn greift um sich, glitschige Kreaturen verstecken sich in den Häusern und alte Kulte huldigen ihren längst vergessenen Göttern.

Statt einfach sich seinen Weg durch die Feinde zu ballern, verlässt sich Charles lieber auf sein kluges Köpfchen. Er redet mit den Bewohnern, untersucht Tatorte, sammelt Beweise und recherchiert in den Archiven der Stadt. Neben der Hauptstory übernimmt Charles auch Aufträge für die Bewohner und klärt Raubüberfälle auf oder bannt in einer besonders spannenden Nebenaufgabe eine Serienkillerin aus der Vergangenheit.

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Dabei kann er sich auf seine übernatürlichen Fähigkeiten verlassen, die ihn seit seinen Wahnvorstellungen begleiten. Bei Bedarf aktiviert er sein so genanntes „Inneres Auge“ mit dem er oder in einer Art Parallelwelt die einzelnen Tathergänge rekonstruiert oder nach Spuren und Symbolen sucht. Je länger er aber diese Fähigkeit nutzt, desto mehr verfällt er dem letztendlich tödlichen Wahnsinn. Deshalb muss er immer wieder seine Nerven mit Medikamenten und Ruhepausen beruhigen.

Manchmal tauchen aus dem Nichts schleimige Alptraumgestalten auf. Waffen und Munition sind rar – Abhauen ist oft die bessere Lösung. Findet Charles gerade keine Kisten mit Munition, kann er sich mit Rohstoffen auch selbst Patronen, Granaten oder Erste-Hilfe-Kästen basteln. Mit jedem getöteten Monster und jedem gelösten Fall gewinnt Charles Erfahrungspunkte, die er in Fähigkeiten wie eine höhere Lebenskraft investiert. Originell: Gelegentlich muss sich Charles auch in einen Tauchanzug schwingen und den Meeresboden absuchen.

Leider wird die Detektivarbeit schnell monoton: Tatort besuchen, Spuren nach Wimmelbild-Manier finden, Fall rekonstruieren und noch ein bisschen im Archiv recherchieren. Ständig klappert Charles die einzelnen Stationen ab, läuft durch die Straßen oder fährt mit seinem Boot durch die Gegend. Trotz Schnellreisefunktion bremst das den Spielfluss aus, weil es oft nur kleine Details sind, die man an anderen Orten herausfinden muss.

Das ist praktisch das ganze Spiel, nur unterbrochen durch ein paar Baller-Szenen. Wie schon in früheren Spielen von Frogware, wie etwa Sherlock Holmes, sind diese Actionszenen halbherzig umgesetzt: die Kämpfe sind hektisch, die Steuerung ist träge und die Gegner bleiben zumindest auf der Xbox One manchmal in der Wand hängen.

The Sinking City angespielt (5 Bilder)

Der Held trifft in The Sinking City auf eine Welt voller Wahnsinn und Gewalt.
(Bild: heise online)

Dagegen trumpfen die Entwickler mit der Geschichte und ihrem Szenario auf. Wenn Charles durch die vermoderten Gassen läuft, in denen Muscheln aus den Häusern wachsen, sind die Bilderwelten eines H. P. Lovecraft ganz nah. Der Übergang von Traum und Realität ist in diesem apokalyptischen Szenario fließend. Charles und die Spieler können sich nie sicher sein, ob hinter der nächsten Ecke nur ein harmloser Passant oder der Wahnsinn lauert.

The Sinking City von Frogware ist anfangs ein originelles Detektivabenteuer, das die verstörenden Gedankenwelten eines H.P. Lovecraft mit der Open-World-Wimmelbildsuche eines L.A. Noire kombiniert. Trotz der packenden Geschichte und des einzigartigen Szenarios wird das eigentliche Spielprinzip schnell eintönig und die hektischen Actionszenen wirken durch die schlechte Steuerung eher störend als spannend. Dazu kommen die zahllosen unnötigen Laufwege, die an der Geduld der Spieler nagen. Das alles trübt den Spielspaß erheblich. Mit etwas mehr Feintuning hätte aus den guten Ansätzen ein echter Überraschungshit werden können, der nicht nur Lovecraft-Fans in seinen Bann schlägt.

The Sinking City erscheint am 28.06. 2019 für PS4 (ab 11,64 €), Xbox One (ab 39,99 €) und PC (ab 10,39 €). USK ab 16. Für unser Angespielt haben wir ein paar Stunden die Xbox One-Version gespielt.

Siehe dazu auch:

(dahe)