ICANN: Regelmäßige Runden für neue Top Level Domains?

Kommt bald eine Schwemme neuer TLDs? Bei der ICANN werden derzeit Pläne für jährliche Lizenzverfahren mit bis zu 1000 Zulassungen diskutiert.

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Verschlüsselung, Binär, Daten, Kryptographie

(Bild: Gerd Altmann, Public Domain (Creative Commons CCo))

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Monika Ermert
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Ein knappes Jahrzehnt nachdem die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) zuletzt neue Top Level Domains eingeführt hat, könnte die Domainbranche nachlegen. Beim Treffen der privaten Netzverwaltung in Marrakesch in der vergangenen Woche legte das hauptamtliche Büro Planungen für eine neue Bewerbungsrunde für neue Namen vor. Umstritten ist aktuell, ob es künftig jährliche Lizenzverfahren geben soll mit bis zu 1000 Neuzulassungen pro Jahr und wie stark geographische Namen geschützt werden sollen.

Bis zum Ende des Jahres will das Gremium aus Registries, Registraren und Nutzervertretern seine Vorschläge für ergänzte und modifizierte Regeln für die nächste Bewerbungsrunde für neue Top Level Domains abschließen. Zuletzt hatte die ICANN 2012 Bewerbungen für neue TLDs entgegen genommen. Damals wurden knapp 2000 beantragt, von denen mittlerweile 1232 in die Rootzone eingetragen wurden.

Unklar bleibt die Frage, wie viele neue TLDs beim Start eines weiteren Bewerbungsverfahrens zu erwarten sind. Die Global Domains Division (GDD) der ICANN tappt bei dieser Frage im Dunkeln. Man gehe der Einfachheit halber von einem vergleichbaren Ansturm wie 2012 aus, sagte Cyrus Namazi, Chef der GDD, in Marrakesch. Für die Planung kalkuliere man mit maximal 1000 Neuzulassungen im Jahr, so Namazi. Das ist die Zahl, die das Root Server Advisory Committee als technisch unproblematisch erklärt hat. Namazi unterstrich auch, ICANNs hauptamtliches Büro bereite sich darauf vor, regelmäßig einmal pro Jahr Bewerbungen für neue Namensbereiche entgegenzunehmen.

Über eine jährliche Bewerbungsrunde herrscht allerdings vorerst noch keine Einigkeit. Vielen Regierungen ist eine solch schnelle Folge nicht geheuer, weil Streitfragen über die Verwendung geographischer Namen oder Kürzel nach wie vor ungeklärt sind. Angeheizt durch den Streit um .amazon fordern manche Regierungen in künftig Schutzmaßnahmen nicht nur für Hauptstädte, sondern auch für kleinere Städte, Gebirge, Flüsse oder Regionen. Das Problem ist, dass nicht überall der Schutz geographischer Namen durchs Gesetz geregelt ist und etwa die USA solche Privilegien für die öffentliche Hand grundsätzlich ablehnt. TLDs mit geographische Bezug sind der letzte offene Einzelpunkt in der Arbeit der Generic Name Supporting Organization (GNSO), dem verantwortlichen Selbstverwaltungsgremium.

Besorgt ob des möglichen weiteren Wachstums des Namensraums sind auch manche Vertreter großer Markeninhaber. Die Ankündigung Namazis, dass er seine GDD auf jährliche Vergabeverfahren vorbereitet sehen will, quittierte US Markenanwältin Anne Aikman-Scalese mit der Bemerkung, dass ICANNs hauptamtliches Büro hier möglicherweise den Selbstverwaltungsgremien vorgreife.

Tatsächlich sind laut Katrin Ohlmer, Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens DOTZON und der Hauptstadt-TLD dotBERLIN gerade Markeninhaber durchaus interessiert daran, in einer künftigen Runde ihre Firmennamen und Marken als TLDs einzutragen. Die Marken-TLD und die umstrittenen geographischen TLDs sieht Ohlmer auch als Zugpferde bei den neuen Internetadressen.

Zum maßvollen, aber doch sichtbaren Erfolg der Städte-TLDs hat DOTZON kurz vor dem Marrakesch-Treffen der ICANN eine Studie aufgelegt, die .berlin, .tokyo und .hamburg als Spitzenreiter listet. Einige wenige generische TLDs liegen aber deutlich vor den geo-TLDs, etwa .top mit 3,6 Millionen Registrierungen. Viele generische Begriffe aber vegetieren vor sich hin, .dating brachte es bislang auf etwas über 3000, .cars auf nicht einmal 300.

Ohlmer rechnet 10 Jahre nach der letzten Bewerbungsrunde wie die ICANN dennoch mit ähnlichen Bewerberzahlen, "vielleicht sogar noch etwas höher“, wenn auch nur in Runde eins. Allerdings bremst sie die Erwartungen bezüglich des nächsten Startschusses. Nachdem die Selbstverwaltungsgremien ihren Abschlussbericht zum Ende des Jahres vorgelegt haben, sind noch die Netzöffentlichkeit und der ICANN-Vorstand an der Reihe, bevor ICANNs Hauptamtliche das Verfahren in Gang setzen können. (axk)