RoboCup-WM: Schnelle Sprinter und langsame Dribbler

Ein schneller Sprint kann auch im Roboterfußball spielentscheident sein. Ohne Ball klappt das schon, mit Ball geraten die Roboter aber ins Stocken.

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RoboCup-WM: Schnelle Sprinter und langsame Dribbler

(Bild: Hans-Arthur Marsiske)

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  • Hans-Arthur Marsiske
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Am Mittwochabend ist die RoboCup-Weltmeisterschaft 2019 mit einer sehr kurzen, nüchternen Zeremonie offiziell eröffnet worden. Seit im Jahr 1997 der erste RoboCup ausgetragen worden sei, sagte der amtierende Präsident der RoboCup Federation Daniel Polani, seien große Herausforderungen der Forschungen zu Künstlicher Intelligenz wie das Spiel Go gemeistert worden. Die Vision des RoboCup sei aber weiterhin lebendig und er hoffe, dass diese Initiative weiter dazu beitragen werde, Grenzen zu sprengen.

RoboCup-WM: Meisterschaft der Maschinen

Viele verbinden mit dem RoboCup fußballspielende Roboter. Dabei beinhaltet der RoboCup unterschiedlichste Disziplinen und Ligen – beispielsweise solche für fleißige Buttler und nimmermüde Lastenesel.

Der erste Wettbewerbstag der RoboCup-WM begann in der Humanoid League mit einem Spiel der Adult Size, das alle Favoriten aufs Spielfeld brachte und damit einen ersten Eindruck vermitteln konnte, wie weit die Grenzen in den nächsten Tagen wohl verschoben werden können. Es handelte sich um ein Drop-In-Spiel, bei dem jeder der vier Spieler von einem anderen Team gestellt wird. HERoEHS (Südkorea) und Hephaestus (China) traten gegen die beiden deutschen Teams NimbRo (Uni Bonn) und Sweaty (Hochschule Offenburg) an.

Dabei bewegte sich der chinesische Roboter am schnellsten und sichersten über das Spielfeld, wirkte aber orientierungslos, sobald er den Ball erreichte. Mehrmals kickte er aus günstigen Schusspositionen weit am Tor vorbei. Der Stürmer von NimbRo schien etwas langsamer zu laufen, war dafür aber zielsicherer und auch schneller, wenn es ums Schießen ging. Sie hätten einen Schuss programmiert, der direkt aus dem Laufen heraus erfolgen könne, sagte Michael Schreiber vom NimbRo-Team. Auf diese Weise erzielte der Roboter vier Treffer, einen davon allerdings im eigenen Tor, sodass diese Begegnung mit 3:2 für das deutsche Team endete. Sweaty bewegte sich wenig, der koreanische Roboter stand die ganze Zeit regungs- und weitgehend nutzlos im Tor.

Drop-In-Spiele mit zwei gegen zwei Robotern hat es bereits bei der letzten WM gegeben. In diesem Jahr treten auch die einzelnen Teams mit jeweils zwei Robotern an. Nach diesem Eröffnungsspiel erscheint ein Finale zwischen NimbRo und Hephaestus am wahrscheinlichsten. Aber in den bis dahin verbleibenden vier Tagen mögen auch die anderen Teams noch einiges optimieren können. Insbesondere Sweaty ist sicherlich noch nicht aus dem Rennen.

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Die Simulationsligen des RoboCup sind in einer Ecke der Halle untergebracht. Auf zwei Monitoren laufen die Spiele der 3D Soccer Simulation, auf dem hinteren Monitor die 2D Soccer Simulation.
(Bild: Hans-Arthur Marsiske)

Die Hochschule Offenburg beteiligt sich mit Sweaty nicht nur in der Humanoid League, sondern nimmt mit dem Team Magma Offenburg auch am Wettbewerb der 3D Soccer Simulation teil. Hier spielen virtuelle Nao-Roboter elf gegen elf auf einem Spielfeld, dessen Dimensionen relativ zur Größe der Roboter einem menschlichen Fußballfeld entsprechen. Magma-Teamchef Klaus Dorer zeigte sich recht beglückt: "Wir haben zum ersten Mal UT Austin Villa geschlagen!" Es habe sich zwar nur um die "Seeding Round" gehandelt, bei der die Zusammensetzung der Gruppen ermittelt wird, aber der Sieg über das Team von der University of Texas, das den WM-Titel seit 2011 mit nur einer Unterbrechung (2013) jedes Jahr gewonnen hat, sei schon ein sehr ermutigender Turnierauftakt.

Die Spiele in der 3D-Simulation könnten auch durch eine Regeländerung in diesem Jahr noch interessanter werden: Um das Pass-Spiel zu erleichtern, kann ein Spieler jetzt ankündigen, wenn er den Ball zu einem anderen Spieler passen will, und darf dann vier Sekunden lang nicht attackiert werden. Allerdings darf danach zehn Sekunden lang nicht direkt aufs Tor geschossen werden, es geht also nur um Pässe zum Spielaufbau, nicht um direkte Vorlagen vorm gegnerischen Tor. Auf diese Weise soll das koordinierte, strategische Teamspiel gefördert werden.

Eine weitere Regeländerung verbietet Selbstkollisionen der simulierten Roboter. Bisher war es möglich, dass ein Spieler zum Beispiel beim Schießen die Beine kreuzen konnte, ohne hinzufallen. Vielleicht ist es auch diese neue Regel, die jetzt den Champion UT Austin Villa zu Fall bringt? Wir werden sehen.

Beeindruckt zeigte sich Dorer auch von den Sprinterqualitäten der Spieler des FC Portugal. "Ich hätte nicht gedacht, dass ein so schnelles Laufen technisch überhaupt möglich ist", sagte er. Die Portugiesen hätten das mit Deep Reinforcement Learning erreicht: Über ungefähr drei Tage habe ein Spieler mehrere Millionen Läufe absolviert, wobei jeder erfolgreiche Lauf zu einer Verstärkung des erwünschten Verhaltens geführt habe. Das Rennen funktioniere nur ohne Ball, beim Dribbeln seien die Spieler langsamer. Aber wenn der Ball allein vor dem Tor liegt, kann ein beherzter Sprint ja durchaus spielentscheidend sein. Auch in dieser Liga könnte es in den nächsten Tagen also durchaus noch spannend werden.

Zur Robocup-WM 2019 siehe auch:

(olb)