Kabel-Hochzeit: Mit dem "Kupfer-Duopol" in die "Glasfaser-Diaspora"

Die Übernahme von Unitymedia durch Vodafone stößt in der Branche auf einhellige Kritik. Die Telekom erwägt Rechtsmittel.

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Kabel-Hochzeit: Mit dem "Kupfer-Duopol" in die "Glasfaser-Diaspora"

(Bild: dpa/heise online)

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Wenn sich die Telekom und ihre Wettbewerber ausnahmsweise mal einig sind, muss schon was besonderes passiert sein. Nachdem die EU-Kommission am Donnerstag die Fusion von Vodafone und Unitymedia unter Auflagen genehmigt hat, ist die Bewertung in der Festnetzbranche einhellig: Der neue deutsche Kabelriese ist nicht gut für den Glasfaserausbau. "Die Fusion führt auf nationaler Ebene zu einem Kupfer-Duopol von Telekom und Vodafone", kritisiert etwa Wolfgang Heer vom Bundesverband Glasfaser (Buglas).

Für die Genehmigung der Übernahme der europäischen Kabelnetze des US-Riesen Liberty Global durch Vodafone stellt die Kommission allerdings ein paar Bedingungen. Vodafone hatte unter anderem angeboten, dem Wettbewerber Telefónica Deutschland Zugang zum Kabelnetz zu gewähren und eine entsprechende Abmachung mit dem Netzbetreiber geschlossen. Telefónica kann nun bundesweit Internetzugänge auf dem Kabelnetz anbieten und darüber auch andere Produkte vermarkten. Bisher versorgt das mit O2 überwiegend im Mobilfunk aktive Unternehmen auch gut zwei Millionen DSL-Kunden.

Mit dem Auflagenpaket will die Kommission Wettbewerbsnachteile abfedern, die sie vor allem im Verbreitungsgebiet von Unitymedia befürchtet, weil neben Vodafones DSL-Angebot dort kein Wettbewerber mehr sein wird. Darüber hinaus entsteht mit dem nahezu vollständig wiedervereinten Kabelnetz ein starker Festnetzkonkurrent für die Telekom – aus Sicht der Wettbewerbshüter mag das verlockend sein. Doch die betroffenen Branchen sind sich einig: Die Auflagen sind unzureichend.

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Die Telekom gibt sich wegen des neuen Konkurrenten weniger besorgt. "Für uns ist Wettbewerb nichts Neues", sagt ein Sprecher. Die Telekom kritisiert, das durch die Fusion "kein einziger zusätzlicher Breitbandanschluss geschaffen" und der Glasfaserausbau bis ins Haus "erschwert" werde. "Mit unseren Bedenken gegen die Fusion stehen wir nicht allein", sagt der Sprecher und verweist auf "fast die gesamte Branche".

Der neue Kabelriese kann bei entsprechendem Ausbau in seinem Anschlussgebiet Gigabit-Internet anbieten. Das macht es für Unternehmen, die FTTH ausbauen wollen, noch schwerer – die haben es ohnehin oft nicht leicht, VDSL-Kunden zum Umstieg zu bewegen und ihre Investitionen zu amortisieren. "Die für Breitband-Internet ausgebauten Kabelgebiete würden so auf Jahre zur Glasfaser-Diaspora", warnt Breko-Chef Stephan Albers.

Nicht nur die Verbände Breko und Buglas warnen vor wettbewerbsrechtlichen Nachteilen der Fusion. Branchenexperte Torsten Gerpott kritisiert die zu schwachen Auflagen der EU-Kommission. "Vodafone muss nur einen einzigen Konkurrenten auf sein Kabelnetz lassen – warum nicht mehrere?", sagt der Professor der Universität Duisburg-Essen. Die Auflagen "tun Vodafone nicht weh". Gerpott vermutet, die Kommission verfolge ihre alte Strategie: "Sie will den europäischen Telekommunikationsmarkt konsolidieren im Glauben, größere Player brächten die EU wirtschaftlich insgesamt nach vorn."

Dabei gerät dann der deutsche Markt etwas aus dem Blickfeld. Das zumindest kritisieren die privaten Fernsehsender – denn auch sie sind von der Brüsseler Entscheidung betroffen. Die Sender haben nichts davon, dass Telefónica jetzt Kabelanschlüsse anbieten kann, meint der Branchenverband Vaunet. Die Fernsehsender blieben abhängig vom neuen Kabelriesen – da helfe es auch wenig, dass die Kommission die Einspeisegebühren eingefroren habe. "Die getroffenen Zusagen treffen den Kern unserer Bedenken nicht", kritisiert Vaunet-Chef Harald Flemming.

"Ein schärferes Schwert wäre eingesetzt worden, wenn Vodafone dazu verpflichtet worden wäre, von TV-Sendern keine Einspeisegebühren mehr zu nehmen", meint Gerpott. Die Telekom sieht auf dem Fernsehmarkt einen möglichen Hebel, die Fusion anzugreifen. "Wir sind überzeugt, dass die Auflagen nicht ausreichen, negative Auswirkungen im Bereich der Medien- und Programmvielfalt abzuwenden", erklärt ein Sprecher. Die Telekom werde die Entscheidung der Wettbewerbsbehörde jetzt "intensiv analysieren und dann entscheiden, ob eine gerichtliche Überprüfung zum Schutz des Wettbewerbs geboten ist". (vbr)