Zu Besuch bei Freifunk-Communitys in ganz Deutschland

Wer sind die ehrenamtlich organisierten Freifunker und was treibt sie an, ihre Zeit und manchmal auch ihr Geld in ein gemeinschaftliches Netzwerk zu stecken?

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Zu Besuch bei Freifunk-Communities
Lesezeit: 17 Min.
Von
  • Keywan Tonekaboni
Inhaltsverzeichnis

Unweit vom Leineufer, in einer Klinkerbau-Anlage voll mit Graffiti, Bauzäunen und selbst gebauten Möbeln aus Paletten, hat sich der Hannoveraner Hackerspace Leinelab eingemietet. Es ist Donnerstagabend, Zeit für das wöchentliche Freifunk-Treffen. Im ersten Geschoss ist eine Art Gruppenraum, Getränkekästen mit Mate und Cola stapeln sich an der Wand. In allerlei Regalen, die bis zur Decke ragen, liegen Elektronik, Rechnerbauteile und Lötkolben. Um einen großen quadratischen Tisch in der Raummitte sitzen über ein Dutzend Männer. Vom Studenten bis zum Rentner ist jede Altersklasse vertreten. Vor ihnen stehen Laptops, hier und da ein Pizzakarton und etliche WLAN-Router. Sie diskutieren über Router-Modelle, Standorte für Antennen und wie es um das Freifunk-Netz in dieser oder jener Ecke bestellt ist. Die anwesenden Freifunker begrüßen Neulinge freundlich und geben Tipps.

Das ist Freifunk

Freifunk ist eine nichtkommerzielle Initiative, die freie Funknetze aufbaut und betreibt. Die Freifunker sind in Communitys organisiert und betreiben zum Beispiel mehrere Hotspots in Deutschland, die freies WLAN anbieten.

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Zu den erfahrenen Freifunkern zählt auch Bernd Schittenhelm. Der Informatiker betreut eigentlich bei einem größeren Systemhaus Firmenkunden, aber in seiner Freizeit engagiert er sich im Vorstand des Freifunk-Vereins Fnorden. Jetzt am Abend diskutiert er mit den anderen zum Beispiel, ab welcher Größe es sinnvoll ist, ein Netz in kleinere Segmente zu teilen. Während das Stimmengewirr zunimmt, verziehen sich einige in die Werkstatt, um mit dem Lötkolben den Speicher eines beliebten, aber unterdimensionierten WLAN-Routers aufzurüsten.

Die Freifunker tauschen sich auf den wöchentlichen Treffen aus und helfen Neulingen.

Einige Tage später, im ruhigeren Ambiente als dem Gewusel des Freifunk-Abends, treffe ich mich mit Bernd Schittenhelm. Mit dabei ist Tobias Holst, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seiner Doktorarbeit über Medizininformatik schreibt. Während seines Mechatronik-Studiums stieg er bei Freifunk ein und betont: "Es geht nicht um ein paar Nerds. Freifunk, das ist ein Mitmachnetz." Bernd Schittenhelm sieht es sehr grundsätzlich: "In einer digitalen Gesellschaft ist freier Zugang zu Kommunikation Grundversorgung, wie ein digitales Glas Wasser." Kein Wunder, dass sie nicht nur Hannover vernetzen, sondern auch die umliegende Region, wie das Schwimmbad in Pattensen oder ein soziokulturelles Zentrum in Hameln.