Kein Schadenersatz nach DSGVO für die Löschung eines Social-Media-Accounts

Die vorübergehende Sperrung eines Social-Media-Kontos rechtfertigt laut OLG Dresden weder eine Geldentschädigung noch verstößt sie gegen die DSGVO.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 66 Kommentare lesen
Kein Schadenersatz nach DSGVO für die Löschung eines Social-Media-Accounts
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Joerg Heidrich
Inhaltsverzeichnis

Die Sperrung eines Social-Media-Accounts für wenige Tage lässt keinen Anspruch auf Auskunft entstehen und rechtfertigt auch nicht eine Geldentschädigung. Sie verstößt auch nicht gegen die DSGVO. Dies stellte das Oberlandesgericht Dresden in einem Hinweisbeschluss vom 11. Juni 2019 fest (4 U 760/19).

Ein Social-Media-Betreiber hatte einen potenziell rassistischen Beitrag gelöscht und das Konto des Klägers gesperrt. Der Betroffene hatte daraufhin auf Feststellung der Rechtswidrigkeit, Freischaltung des Beitrags, Auskunftserteilung, materiellen und immateriellen Schadenersatz und Erstattung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten geklagt. Das Landgericht Görlitz verurteilte die Beklagte zur Wiederfreischaltung des Beitrags und stellte fest, dass die Sperrung rechtswidrig war. Die übrigen Ansprüche wies es zurück.

Hiergegen wendet sich die Berufung, weil der Beitrag als zulässige Meinungsäußerung verfassungsrechtlich so weitgehend geschützt sei, dass dessen Löschung und die zeitweilige Sperrung des Nutzerkontos weitgehende Auskunfts- und Schadenersatzansprüche rechtfertigten.

Dies sah das Oberlandesgericht Dresden allerdings anders. In einem Hinweis teilte es dem Kläger mit, es werde die Berufung zurückweisen, da diese offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe. Dies gelte sowohl für die Auskunfts-, als auch für die Schadenersatzansprüche.

Einen Anspruch des Klägers auf Auskunft darüber, ob ihn ein "beauftragtes Unternehmen" sperrte, besteht nach Ansicht des OLG nicht. Der Social-Media-Anbieter sei auf der Grundlage seiner Community-Standards berechtigt, Beiträge zu löschen und zu sperren, die den Tatbestand der "Hassbotschaft" erfüllen, wenn sichergestellt ist, dass diese Sanktionen nicht willkürlich geschehen und dass Nutzer nicht vorschnell und dauerhaft gesperrt werden. Vielmehr sei die Löschung von Beiträgen mit offensichtlich rechtswidrigem Inhalt im Sinne des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) dem Betreiber sogar verpflichtend vorgegeben.

Ebenso besteht nach Ansicht der OLG-Richter kein Anspruch auf Auskunft über mögliche Weisungen "von Seiten der Bundesregierung oder nachgeordneter Dienststellen hinsichtlich der Löschung von Beiträgen und/oder der Sperrung von Nutzern". Die Annahme, die Bundesregierung oder eine andere Stelle der öffentlichen Verwaltung habe auf die Beklagte eingewirkt, um den Post des Klägers zu sperren, liege zudem ersichtlich fern und knüpfe eher an Verschwörungstheorien an.

Auch die geltend gemachten 150 Euro als Schadenersatz wollte das Gericht dem Kläger nicht zusprechen. Ein Anspruch auf eine immaterielle Geldentschädigung liege nicht bei jeder Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Der dafür notwendige schwerwiegende Eingriff liege jedoch nicht vor.

Schließlich scheiden laut OLG auch die geltend gemachten Ansprüche nach Artikel 82 DSGVO aus. Jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, hat danach Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen. In der Löschung des Posts und der Sperrung des Accounts des Klägers liege jedoch kein Verstoß gegen die DSGVO.

Dass dem Kläger durch die Sperrung ein Schaden entstanden sei, könne der Senat überdies nicht erkennen. Die bloße Sperrung seiner Daten stelle ebenso wie der Datenverlust noch keinen Schaden im Sinne der DSGVO dar. Auch die behauptete Hemmung in der Persönlichkeitsentfaltung durch die dreitägige Sperrung habe allenfalls Bagatellcharakter. Das Gericht legte dem Kläger daher nahe, die Berufung zurückzunehmen. Ob er diesem Hinweis gefolgt ist, ist nicht bekannt. (anw)