Was denkt die sich?

Warum bei künstlicher Intelligenz nicht die Programmierer das Problem sind, sondern die KI selbst.

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Robert Thielicke

Wenn mit künstlicher Intelligenz neue Maschinenwesen die Welt bevölkern, ist es vielleicht ganz gut zu wissen, wie sie denken. Mit "Rage Inside the Machine" gelingt Robert Elliott Smith ein ziemlich guter Einblick, der momentan leider nur auf Englisch vorliegt.

Der Computerwissenschaftler vom University College London und Gründer des Start-ups Boxarr unternimmt lange Ausflüge in die Entstehungsgeschichte der künstlichen Intelligenz und ihrer zugrunde liegenden Methoden der Mathematik und Statistik. Sie machen das Buch manchmal unterhaltsam, manchmal langatmig. Die Reise geht von Ramon Llull, der im 13. Jahrhundert eine Wahrheitsmaschine entwickeln wollte, bis zum Kampfflieger X-31, der selbst bei einem Anstellwinkel von 70 Grad nicht abstürzte; sie geht von lockeren Anekdoten bis zu harten mathematischen Formeln. Weniger als 344 Seiten hätten also gereicht.

Trotzdem sind die Ausflüge erhellend, weil sie zeigen: Das Problem maschineller Fehlentscheidungen – eingebaute Vorurteile oder Filterblasen – geht viel tiefer als der Code. Es liegt im Wesen der Technik.

"Algorithmen sind immer Vereinfachungen, und Vereinfachung ist der Kern von Vorurteilen", schreibt Smith. Um ein KI-System zu programmieren, muss der Entwickler immer den Rahmen setzen, also Vor-Urteile fällen. Je weiter sich die Algorithmen von der klaren Ja- oder Nein-Antwort entfernen, je weiter sie in die schwammigen Bereiche des menschlichen Zusammenlebens vordringen, desto größer wird das Problem.

Die Lösung sieht Smith daher nicht in einem besseren Algorithmus, sondern in mehr Ehrlichkeit: Ohne diesen Reduktionismus funktioniert Wissenschaft im Allgemeinen und Softwareprogrammierung im Besonderen nicht. Leider verführen die gewaltigen kommerziellen Interessen hinter KI dazu, darüber hinwegzutäuschen.

"Mit der unheiligen Allianz zwischen Wissenschaftsglaube, Computerpower und Kommerzialisierung manifestieren sich all die diskutierten Schwachpunkte", schreibt Smith.

Robert Elliott Smith: "Rage Inside the Machine" Bloomsbury (nur auf Englisch), 344 Seiten, 18 Pfund (E-Book: 16,80 Pfund)

(jle)