Reaktionär

Ausprobiert: Sprachassistent Chris

Mit dem nachrüstbaren Assistenten Chris sollen sich Dinge wie Telefonate, SMS- und Whatsapp-Messaging, Navigation und Musik via Gesten- und Sprachsteuerung bedienen lassen - klappt das? Ein Test zeigt: Erstaunlich gut, wobei es noch ein paar Schwächen gibt

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Von
  • Haiko Prengel
Inhaltsverzeichnis

Sprachassistenten mit Gestensteuerung waren bislang der automobilen Oberklasse vorbehalten – und keinesfalls überall gelungen. Die Gestensteuerung im BMW 520d (Test) hat uns nicht überzeugt. Jetzt gibt es vom Berliner Start-up German Autolabs mit Chris ein nachrüstbares Tool, das dem Fahrer die Bedienung von Telefon, Messaging wie Whatsapp, Navigation und einem Musikspieler ermöglicht – via Gesten- und Sprachsteuerung. Ein erster Test offenbart aber noch Schwächen.

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„Hey Chris, schreibe eine Whatsapp-Nachricht an Lydia“. Ich möchte meiner Frau mitteilen, dass ich heute etwas später nach Hause komme. Chris textet und verschickt die Message binnen Sekunden. Ebenso problemlos kann ich mir neue Nachrichten vorlesen lassen. Bei empfangenen Bildern bittet das Gerät ganz vorbildlich, sich diese in Ruhe nach der Fahrt anzusehen.

Das ist der große Vorteil des Mini-Computers: Einmal installiert, kann man die Augen auf der Straße und die Hände am Steuer - sofern man nicht die Gestensteuerung nutzen will. Eine Erfindung wie Chris scheint dringend geboten, denn Ablenkung durchs Handy gilt als eine der häufigsten Unfallursachen – schätzungsweise ein Drittel aller Unfälle ist heute auf abgelenkte Fahrer zurückzuführen. Allein die Berliner Polizei registrierte im Jahr 2017 über 15.600 Ordnungswidrigkeiten wegen Benutzung elektronischer Geräte im Straßenverkehr. 2018 waren es knapp 18.800 Fälle. Erwischte Autofahrer können in Deutschland mit einem Bußgeld von bis zu 200 Euro und einem Punkt bestraft werden, Radfahrer müssen 55 bis 100 Euro bezahlen.

Auch Holger Weiss konnte seine Finger nicht vom Smartphone lassen. Der 49-Jährige ist Geschäftsführer und Mitgründer von German Autolabs. „Obwohl es verboten ist, habe auch ich an der roten Ampel oft das Handy in der Hand gehabt, um schnell auf eine Nachricht zu antworten“, gibt Weiss zu. Ihn habe das immer sehr gestört. 2016 gründete er mit seinem Partner Patrick Weissert das Unternehmen German Autolabs. In der nur 9x9 Zentimeter großen und 250 Gramm schweren Hardware steckt eine Menge Hightech: eine Speicher- und Prozessoreinheit, fünf Mikrofone sowie ein hochauflösender Gestensensor. Dazu kommt ein 2,1 Zoll (ca. 53 mm) TFT-Farbdisplay.

Auch für Ältere

Die Chris-App läuft auf jedem Smartphone ab Android 7.1.1. beziehungsweise iOS (Beta) oder höher, dazu kommen das Kartenmaterial für das Navi sowie regelmäßige Softwareupdates. Das Auto muss dagegen nicht Bluetooth-kompatibel sein. Für ältere Fahrzeuge kann man einen FM-Transmitter dazu kaufen, der Chris per FM-Frequenz mit dem Auto verbindet.

Auf der Ifa in Berlin im Herbst 2018 stellte German Autolabs seine Erfindung in einem Karmann Ghia vor, also einem Sportwagen aus den Fünfzigerjahren. Danach verzögerte sich der offizielle Verkaufsstart um einige Monate. Unter anderem die Entwicklung einer iOS-Version machte den Entwicklern Probleme. Nun ist Chris auf dem Markt – für 199 Euro. Der FM-Transmitter kostet 29,99 Euro extra.

Das ist nicht viel Geld für einen intelligenten Sprachassistenten mit Gestensteuerung. Entsprechende Systeme in der automobilen Oberklasse kosten deutlich mehr Aufpreis. Die meisten Deutschen fahren aber keine fabrikneuen Nobelautos, sondern im Schnitt knapp zehn Jahre alte Gebrauchtwagen.