Hacker knackt islamistische Mailing-Liste [Update]

Ein Hacker hat den Verteiler des Newsletters ins Netz gestellt, den man über die islamistische Website www.qoqaz.de bestellen konnte.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Christian Persson

Ein Hacker hat nach einem Bericht von Spiegel Online den Verteiler des Newsletters ins Netz gestellt, den man über die inzwischen abgeschaltete Website www.qoqaz.de bestellen konnte. Darüber haben sich offenbar mehr als 500 Personen regelmäßig über Aktionen militanter Islamisten informieren lassen.

Zu den ersten zwanzig Abonnenten des Newsletters zählt ein User mit der Adresse bahaji@tu-harburg.de, die dem Hamburger Studenten Said Bahaji zugerechnet wird. Der zur Zeit vermutlich flüchtige 26-Jährige gilt Fahndern als Top-Logistiker der Terroristengruppe, der die Anschläge in New York und Washington angelastet werden. Bahaji hat nach Erkenntnissen des BKA den Todespiloten die Visa für den US- Flug besorgt und in Hamburg eine der Terroristen-Wohnungen angemietet.

Die Liste der 532 E-Mail-Adressen, die in der Mailing-Liste von qoqaz.de standen, veröffentlichte der Hacker anonym in dem schweizerischen Internet-Forum www.symlink.ch. Die Adressen enthalten überwiegend arabische Namen. In mehreren Fällen deuten Bestandteile auf die Benutzung von E-Mail-Accounts deutscher Hochschulen hin, etwa von Universitäten in Berlin, Bremen, Hamburg, Konstanz, Tübingen, Stuttgart und Münster. 122 Adressen stammen vom Freemailer GMX, 81 vom Microsoft-Service Hotmail, 41 vom größten deutschen Onlinedienst T-Online und 31 von AOL.

Auf der Website www.qoqaz.de wurde für den "Heiligen Krieg", insbesondere in Tschetschenien, geworben. Nach dem Anschlag verschwand das Angebot aus dem Netz, Teile sind allerdings zum Beispiel über den Cache der Suchmaschine Google noch indirekt abrufbar. www.qoqaz.de ist die deutschsprachige Version der Homepage www.qoqaz.com, die von dem Londoner Verlag Azzam Publications verantwortet wird. Benannt ist die Firma nach dem 1989 bei einem Attentat ums Leben gekommenen Scheich Abdallah Azzam, dem damals engsten Mitstreiter des Terroristenführers Osama Bin Laden. (dpa)

Kommentar: Erste Reaktionen auf diesen Bericht haben leider gezeigt, dass einige Leser aus solchen Informationen falsche Schlüsse ziehen. Daher muss wohl ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass eine Eintragung in der Liste gar nichts beweist. Nicht einmal, dass der Adressat sich selbst dort eingetragen hat. Mitglieder unserer Redaktion erhalten täglich E-Mail-Zusendungen, die sie nicht bestellt haben – auch von radikalen politischen Gruppen. Gewöhnlich nennt man das Spam und bedauert den Empfänger, der Ziel solcher Aktionen ist.

Aber auch die eigenhändig vorgenommene Eintragung in die Liste wäre nichts weiter als ein Indiz für das Interesse an Information. Der einzige Verdacht, der daraus automatisch folgt, wäre jener, dass es sich um einen Menschen handelt, der um Erkenntnisgewinn bemüht ist. Audiatur et altera pars ist ein bewährter Grundsatz – nicht nur der Rechtssprechung und des Journalismus, sondern ganz allgemein der politischen Meinungsbildung. Gerade in diesen Zeiten darf er nicht in Vergessenheit geraten. (cp)