Kontaktlinse zoomt beim Blinzeln

Wenn es nach US-Forschern geht, erhalten Träger von Sehhilfen künftig Superkräfte.

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Kontaktlinse zoomt beim Blinzeln

(Bild: UC San Diego)

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Die einfachen optischen Sehhilfen, die der Mensch auf der Nase oder direkt im Auge trägt, werden sich in den kommenden Jahren mehr und mehr in komplexe Digitalgeräte verwandeln. Dabei hilft die Miniaturisierung ebenso wie die Inspiration aus der Natur, wie ein aktuelles Wissenschaftsprojekt zeigt.

Kontaktlinsen sind momentan einfach nur Brillenersatz. Doch sie mit einem einfachen Doppelblinzler in ein Teleobjektiv auf dem Auge zu verwandeln, daran arbeitet ein Team aus den Vereinigten Staaten und der Volksrepublik China. Sie haben eine Linse entwickelt, die sich durch Augenbewegungen direkt steuern lässt, ohne dass es Zusatzgeräte brauchen soll.

Ein ähnliches Forschungsprojekt, bei dem sich das Bild einer Kontaktlinse um das 2,8-fache heranzoomen lässt, gab es bereits 2013 an der Eidgenössische Technische Hochschule in Lausanne (EPFL), allerdings soll die biomimetische, weiche Kontaktlinse von Jinrong Li, Yang Wang & Co. von der University of California San Diego und Liwu Liu, Yanju Liu und Kollegen am Harbin Institute of Technology noch mehr können.

Noch wird externe Elektronik benötigt.

(Bild: UC San Diego)

Die Arbeit, die die Forschergruppe im "Journal für Advanced Functional Materials" (DOI: 10.1002/adfm.201903762) veröffentlicht hat, setzt auf fünf Elektroden, die um den Augapfel herum platziert werden. Beim Bewegen und Verformen ändert die Kontaktlinse ihre optischen Eigenschaften – durch die Aktivierung dielektrischer Elastomerfolien in verschiedenen Bereichen auf dem Augapfel. Damit ahmt die Linse die Arbeitsmechanismen der Augen von Menschen und den meisten Säugetieren nach.

Ein doppeltes Blinzeln reicht, um die Linse zu aktivieren – aber auch das Richten des Blickes in eine bestimmte Richtung wäre detektierbar. So wäre die Linse leicht bedien- und anpassbar. Eine elektrische Ladung wird bei Signalisierung an einen Polymerfilm in einer der Linsenschichten angelegt, um die optischen Eigenschaften zu ändern.

Zusammensetzung der Linse.

(Bild: UC San Diego)

Die Entwicklung der Technik befindet sich aktuell noch in den Kinderschuhen. Aber die Forscher haben eine Vision für ihre Linsen: als Sehprothesen und -hilfen oder für ferngesteuerte Robotik. "Selbst wenn ihr Auge nichts mehr sehen kann, können viele Menschen ihre Augäpfel noch bewegen und damit diese elektrookulographischen Signale generieren", sagte der Projektbeteiligte Shengqiang Cai dem "New Scientist". Ergo: Auch blinde Menschen könnten ihre Augen als "Steuereinheit" verwenden. Dazu muss die Technik allerdings massenproduktionstauglich und vor allem noch kleiner werden – auch optisch ist der Prototyp wenig attraktiv.

Die Idee, Technik direkt in Kontaktlinsen einzubauen, ist nicht neu, doch scheiterten solche Projekte bislang an der praktischen Umsetzung. "Smart Lense"-Projekte gab es etwa bereits von Google in Zusammenarbeit mit Novartis. Dort sollte die Linse bei Diabetikern ständig den Blutzuckerspiegel messen.

Praktische Bedienung.

(Bild: UC San Diego)

Eine Marktfähigkeit wurde bislang nicht erreicht, Testtermine verschoben. Manche Kritiker sagten, die Sensor-Kontaktlinsen seien schlicht nicht umsetzbar.

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(bsc)