Fix und Fertig: Reparatur für die Zukunft

Am Wochenende startete auf dem Fixfest Reparatur-Festival eine EU-weite Kampagne zum Recht auf Reparatur. 250 nutzen die Chance zum Austausch.

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Vor dem Bundestag hält eine Hand ein Schild "Repair for Future" in die Luft.

(Bild: Mark Phillips / Runder Tisch Reparatur (CC 4.0 BY-SA))

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Grace Dobush
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Die Maker und Reparateure aus ganz Europa waren sich einig: Ein Recht auf Reparatur muss sein. Dafür muss es noch mehr Zusammenarbeit und Austausch geben. Um beides ging es beim Fixfest Reparatur-Festival. Vom 20. bis 22. September trafen sich etwa 250 Maker, Aktivisten und Bastler aus 14 Ländern an der TU Berlin, um über das Reparieren und Kreislaufwirtschaften zu diskutieren.

Eine neue EU-weite Kampagne für das Recht auf Reparatur wurde am Samstag vorgestellt, zusammen mit einem Bericht der detailliert darlegt, wie groß die Auswirkungen auf Wirtschaft und Umwelt sein könnten. Ziel der Kampagne Right to Repair ist das Recht auf Reparatur für alle – nicht nur Reparatuprofis.

Wenn die Lebensdauer von Smartphones, Staubsaugern, Laptops und Waschmaschinen jeweils um ein Jahr verlängert würde, könnten wir in der EU jedes Jahr 4 Millionen Tonnen CO2 vermeiden, etwa soviel wie 2 Millionen Autos im Jahr in die Luft pusten, so der Bericht von CoolProducts und dem Europäischen Netzwerk von Umweltorganisationen EEB. Forscher haben außerdem die Lebenszyklen der Geräte analysiert, und ausgerechnet, wie lang man sie nutzen sollte, um ihren Anteil an der Erderwärmung von der Produktion über die Nutzung bis zum Verschrotten auszugleichen. Für Smartphones, die im Durchschnitt nur drei Jahre benutzt werden, wären das mindestens 25 Jahre.

"Sobald etwas verkauft ist, verliert es sein Wert“, erklärte Melanie Jaeger-Erben, Professorin für Nachhaltigskeitsforschung der TU Berlin und plädierte dafür "die ständige kulturelle Produktion von Wertlosigkeit“ zu beenden. Um der Kultur der Veralterung zu widerstehen, brauche es auch Leute, die Gegenstände sammeln und neu verteilen. Reparieren sei außerdem Sorgearbeit: In Oldenburg, einer Stadt mit 165.000 Einwohnern, finden inzwischen acht Reparatur-Cafes statt, an sechs Tagen der Woche. Da geht es nicht nur ums Reparieren, sondern auch um Umtausch und Kontakt.

Grundsätzlich würden 77 Prozent aller EU-Bürger lieber ihre vorhandenen Objekte reparieren, statt neue zu kaufen, so die CoolProducts-Forscher. Aber dazu fehle es an Kenntnis, Werkzeugen oder gar der Erlaubnis. Der Norweger Henrik Huseby etwa steckt seit 2018 in einem Rechtsstreit mit Apple, da sein Reparaturbetrieb angeblich gefälschte Bildschirmgläser nutze und das Markenrecht verletze. Tatsächlich sei es ein Angriff auf die Reparaturkultur, meint eine Aktivistin aus Norwegen.

Fixfest Reparatur-Festival 2019 (6 Bilder)

(Bild: Mark Phillips / Runder Tisch Reparatur (CC 4.0 BY-SA))

Seit knapp einem Monat erlaubt Apple in den USA den ersten freien Dienstleistern, Reparaturen mit Originalersatzteilen anzubieten. In der Reparaturcommunity ifixit vermisst man das Engagement von Apple weiterhin. Auf der Seite gibt es inzwischen mehr als 50.000 Reparaturanleitungen, aber außer Motorola ist kaum ein Smartphone-Hersteller dabei. Immerhin erzählt ifixit-Gründer Kyle Wiens „Für alles was in der Welt kaputt ist, gibt es jemand, der weiß, wie man es repariert.“

Smartphones sind nicht nur die Produkte mit der größten Reparatur-Nachfrage, es gibt auch viele Vorwürfe der geplanten Obsoleszenz – das gezielte Begrenzen der Lebensdauer von Produkten. Die Nonprofit-Vereinigung HOP (Halte à l'obsolescence programmée) aus Frankreich verklagt Druckerhersteller Epson, nachdem ihre Recherchen zeigten, dass deren Drucker sich frühzeitig ausschalten oder nach mehr Tinte bitten, wenn die Patronen noch zu 20 bis 40 Prozent gefüllt sind.