Neue Linux-Distribution CentOS Stream erlaubt Einflussnahme auf RHEL-Entwicklung

Das neue CentOS Stream soll als Rolling-Release-Distribution Neuerungen in RHEL/CentOS Community und Entwicklern künftig früher zugänglich machen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 22 Kommentare lesen
Neue Linux-Distribution CentOS Stream erlaubt Einflussnahme auf RHEL-Entwicklung

(Bild: Screenshot)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Tim Schürmann
Inhaltsverzeichnis

Red Hat und das CentOS-Projekt haben parallel zur neuen CentOS-Version 8 eine CentOS Stream getaufte Linux-Distribution veröffentlicht. Anders als CentOS 8 arbeitet sie nach dem Rolling-Release-Prinzip und soll gleichzeitig als Basis für die nächsten Minor Releases von Red Hat Enterprise Linux (RHEL) dienen.

Der Software-Umfang von CentOS Stream ist derzeit nahezu identisch mit dem des parallel vorgestellten CentOS 8. Nur der Kernel und einige zugehörige Pakete sind neuer und bieten damit einen Vorgeschmack auf den Kernel von RHEL 8.1.

Während der Arbeit an den nächsten Minor Releases von Red Hat Enterprise Linux (RHEL) lassen die Entwickler ihre Zwischenergebnisse über Updates kontinuierlich in CentOS Stream einfließen (Rolling-Release-Prinzip). Aus CentOS Stream entstehen dann die jeweils nächsten regulären Minor Releases von RHEL und dem daraus abgeleiteten CentOS.

Bislang mussten die CentOS-Entwickler immer auf eine neue RHEL-Version warten, bevor sie aus dem Quellcode eine neue Version ihrer Distribution bauen konnten. Die dabei anfallenden umfangreichen Updates betrafen meist zahlreiche Teile der Distribution. Das CentOS-Team musste die Updates dann zeitaufwendig testen und in ein passendes CentOS-Release gießen. Mit dem neuen Entwicklungsprozess erscheinen kleinere Updates in schnellerer Folge, was wiederum die Arbeit für das CentOS-Projekt entzerrt und reduziert.

Wie aus der Ankündigung zu CentOS und CentOS Stream hervorgeht, wollen Red Hat und das CentOS-Team mittels CentOS Stream zudem auch die Community besser einbinden. Durch den etwas offeneren Entwicklungsprozess soll die Nutzergemeinde frühzeitig neue Features und Sicherheitsaktualisierungen vorschlagen, kommentieren und diskutieren können.

Darüber hinaus sollen auf CentOS aufsetzende Projekte wie etwa oVirt, RDO und Ansible schneller ihre Software weiterentwickeln können. Bislang mussten die Projekte immer die nächste (Minor-)Version abwarten, bevor sie ihre Software und Infrastruktur an das neue RHEL- oder CentOS-Release anpassen konnten. CentOS Stream erlaubt hingegen eine kontinuierliche Anpassung schon vor der Veröffentlichung des nächsten RHEL- und CentOS-Release.

Ferner soll der neue Ansatz laut den Release Notes zu CentOS Stream auch die Interaktion zwischen CentOS-, Fedora-, RHEL-Entwicklern verbessern, um etwa den Austausch von Patches zu erleichtern.

Derzeit dient die Distribution Fedora als Ausgangspunkt für die Hauptversionen des kommerziellen RHEL, aus dessen Quellcode wiederum der kostenlose und freie Klon CentOS entsteht. CentOS Stream soll als eine Art "Midstream" die Lücke zwischen der "Upstream"-Entwicklung an Fedora und der "Downstream"-Entwicklung an RHEL füllen. Um alle Ziele zu erreichen, will Red Hat Teile seiner Entwicklung in das CentOS-Projekt auslagern. Letztgenanntes arbeitet bereits unter dem Dach von Red Hat.

Ein wichtiger Red-Hat-Entwickler ließ allerdings auf einer Mailingliste zudem durchblicken, das vieles noch unklar sei. Die Red-Hat-Leute hätten das Konzept von CentOS Stream demnach nicht vollständig hinter geschlossenen Türen ausbaldowern wollen, sondern wollen es jetzt in der Öffentlichkeit zusammen mit der Community weiterentwickeln. Auch der Leiter des Fedora-Projekts schrieb einige Worte zur neuen Distribution im RHEL/Fedora-Universum, denen zu entnehmen ist, dass neue Major Releases auch in Zukunft aus Fedora hervorgehen sollen.

Das CentOS-Projekt stellt ein Installationsmedium von CentOS Stream auf seiner Website bereit. Da CentOS 8.0-1905 als Basis dient, können Interessierte weitere Informationen auch den Release Notes zu CentOS 8 entnehmen.

Anwender von CentOS Stream müssen mit deutlich häufigeren Aktualisierungen rechnen. Das erste Update betrifft dabei den Linux-Kernel, der somit nicht mehr vollständig identisch mit seinem Kollegen aus CentOS 8 ist. Alle weiteren kommenden Unterschiede zu CentOS 8.0-1905 dokumentieren die CentOS-Entwickler nach und nach auf der Wiki-Seite mit den Release Notes zu CentOS Stream.

Lesen Sie dazu auch:

(ovw)